Ein ähnlicher Schurke war Philip Lyne, der die Kapitäne gekaperter Schiffe regelmäßig folterte und umbrachte. Er gestand den Mord an 37 Kommandanten und einer unbestimmten Zahl von tüchtigen Seeleuten. Die Boston Gazette berichtet am 28. März 1726, wie Lyne und seine Crew nach ihrer Gefangennahme vor der Küste Südamerikas zu ihrem Prozeß auf Barbados kamen:
Der Anführer ging an der Spitze, dahinter folgten weitere 20 Piraten mit ihrer schwarzen Flagge aus Seide, auf der ein Mann in voller Größe dargestellt war, in der einen Hand ein Entermesser und in der anderen eine Pistole; da ihre schweren Wunden nicht verbunden waren, boten sie einen abscheulichen Anblick und stanken widerwärtig, insbesondere Lyne, der Anführer, dem ein Auge ausgeschossen worden war, das nun mit einem Teil der Nase in seinem Gesicht hing.
- Nach: David Cordingly, Unter schwarzer Flagge.
Legende und Wirklichkeit des Piratenlebens. München 2001 (dtv 30817, zuerst
1995)
Beschreibung (2) Was heißt eigentlich
»kalte Augen«? Gib das
einmal genau wieder. - Nichts ist schon von vornherein lebendig, verfügbar
zur Beschreibung: nicht das Vogelgeräusch
draußen, nicht das Raunen des Verkehrs, nicht das Klopfen des Zugs
über die Schwellen. Erfinde einen Satz dafür, Sätze, wo das alles erst
auflebt; d. h., verlaß dich auf keine Kraft eines Wortes
für sich allein: Nichts ist poetisch verfügbar - du mußt es erst wiedererwecken
durch Denken als Platzanweisung; Platzanweiserschriftsteller.
- (
bleist
)
Beschreibung (3) Ein Spanier oder ein
Italiener, der den brennenden Wunsch hatte, ein Porträt
seiner Geliebten zu besitzen, obwohl er sie
keinem Maler zeigen konnte, faßte den einzigen Entschluß, der ihm freistand,
nämlich den Entschluß zu einer möglichst ausführlichen und genauen Beschreibung
seiner Geliebten. Er gab zuerst die richtige Proportion des ganzen Kopfes
an, ging dann auf die Maße der Stirn, der Augen, der Nase, des Mundes,
des Kinns, des Halses ein, kam dann auf jeden dieser Teile zurück und unterließ
nichts, um durch seine Worte dem Geist des Malers das wahre Bild einzuprägen,
das er vor Augen hatte; er vergaß dabei weder die Farben noch die Formen,
noch irgend etwas von dem, was zum Charakter gehört. Je öfter er seinen
Bericht mit dem Gesicht seiner Geliebten verglich, desto ähnlicher fand
er ihn. Er glaubte vor allem: je mehr er seine Beschreibung mit kleinen
Details versähe, desto weniger Freiheit ließe er dem Maler. Er vergaß dabei
nichts, was seiner Meinung nach den Pinsel des Malers fesseln mußte. Als
seine Beschreibung ihm vollendet erschien, machte er von ihr hundert Kopien,
schickte diese hundert Malern zu und schärfte jedem von ihnen ein, daß
er auf der Leinwand genau das darstellen sollte, was er auf dem Papier
läse. Die Maler gingen ans Werk, und nach einer gewissen Zeit bekam unser
Liebender hundert Porträts, die alle seiner Beschreibung sehr ähnlich waren
und von denen keines einem anderen Porträt glich, aber auch keines seiner
Geliebten. - (
enz
)
Beschreibung (4) Beschreib
das Aroma des Kaffees! — Warum geht es nicht? Fehlen uns die Worte?
Und wofür fehlen sie uns? - Woher aber der Gedanke, es müsse doch so eine
Beschreibung möglich sein? Ist dir so eine Beschreibung je abgegangen?
Hast du versucht, das Aroma zu beschreiben, und es ist nicht gelungen?
- (
wit
)
Beschreibung (5) Man muß die Leute nur richtig
verstehen! Sie freuen sich sehr, daß sie auf der Reise
sind und so viele schöne Dinge sehn, die andre nicht sehen können; aber es bereitet
ihnen Pein und Verlegenheit, diese Dinge anzuschaun. Wenn ein Turm höher ist
als andere Türme, ein Abgrund tiefer als die gewöhnlichen
Abgründe oder ein berühmtes Bild besonders groß oder
klein ist, so geht es ja an, denn dieser Unterschied läßt sich festhalten und
erzählen; sie versuchen darum auch, einen berühmten Palast immer besonders weitläufig
zu finden oder besonders alt, und unter den Landschaften bevorzugen sie die
wilden. Könnte man sie bloß über Fahrpläne, Hotelpreise und Uniformen täuschen
(aber gerade das kann man nie!) und sie unversehens auf einen Felsen in der
Sächsischen Schweiz setzen, so vermöchte man ihnen einen echten Matterhornschauer
einzureden, denn schwindlig genug ist es auch in Sachsen. Wenn aber etwas nicht
hoch, tief, groß, klein oder auffallend angestrichen, kurzum, wenn etwas nicht
etwas ist, sondern bloß schön, dann würgen sie wie an einem großen, glatten
Bissen, der nicht hinauf- und nicht hinabgeht, der zu nachgiebig ist, an ihm
zu ersticken, und zu unnachgiebig, als daß man ein Wort hervorbringen könnte.
So entstehen eben jene Och! und Ach!, die peinliche Erstickungslaute sind. Man
kann sich nicht gut mit den Fingern in den Hals greifen; und eine bessere Art,
die nötigen Worte aus dem Mund zu bringen, hat man nicht gelernt. Es ist unrecht,
sich darüber lustig zu machen. Diese Ausrufe drücken eine sehr schmerzliche
Beklemmung aus. - (
nach
)
Beschreibung (6) Nun also, der Ackermann sei aus dem Krieg zurückgekommen, und habe sich während der Umsturzzeit so richtig herumgetrieben. Habe dann ein Mädel aus einem öffentlichen Hause kennengelernt und habe sich in dieses verliebt. Er sei mit ihr spazierengegangen, habe ihr Geld gegeben, das er irgendwie immer aufgetrieben habe. Zuerst von daheim, und als da nichts mehr zu holen gewesen sei, habe er geschoben, Fieberthermometer und Salvarsan und sonst verschiedene Dinge. Der Vater habe dann von Freunden den Verkehr seines Sohnes erfahren. Ganz gehässig und zischend wurde Schilaskys Stimme:
«Die Väter! Meiner war genauso. Sprechen immer von ihrem guten Namen, der nicht beschmutzt werden darf. Als ob so ein paar Buchstaben etwas unglaublich Kostbares wären. Ich habe meinem Vater einmal gesagt: ‹Dein Name, schau, er kommt mir vor wie ein altmodischer Zylinderhut, den man nur bei Begräbnissen aufsetzt. Man hütet ihn, damit er nur ja keinen Flecken kriegt, aber in der Schachtel wird er doch grün und läßt schließlich Haare und wird unansehnlich›. Was ist das, ein Name? Ich habe die Mode nicht mitgemacht, mich nicht umgetauft, sondern meinen Namen behalten, wie ich in die Legion bin.»
Nun, auch Ackermanns Vater hatte den Sohn mit Vorwürfen überschüttet, und
da war der Junge schließlich in die Legion gegangen und hatte einen rührenden
Abschied von dem Mädchen genommen. Er hatte es heiraten wollen. Warum nicht?
Sie wäre vielleicht eine gute Frau geworden. Aber die Sache sei so: Dieser Ackermann
tue tadellos Dienst, drei Wochen, vier Wochen. Plötzlich aber, an einem Abend,
beginne er zu stöhnen, die Nacht darauf schlafe er
nicht, man höre ihn schluchzen, wie ein kleines Kind.
Und oft habe er, Schilasky, den Freund trösten müssen. Auch der folgende Tag
bringe nicht die erwartete Erlösung. Erst gegen den Abend packe dann Ackermann
irgendeinen Kameraden, den er gerade erwischen könne, und fange an, ihm das
Mädchen zu beschreiben. Wie es ausgesehen habe und nach was sie gerochen habe,
nach Maiglöckchen, und gelbe Unterwäsche habe es
getragen, kurz, er versuche das Mädchen aus Worten zusammenzusetzen, bis es
wieder lebendig vor ihm stehe. Dann sei der Schmerz vergangen, Ackermann tue
wieder Dienst wie vorher. - (
gou
)
Beschreibung (7)
Beschreibung (8) Zuweilen
Beschreibungen in poetischer Prose zu machen oder sonst Schilderungen
von einzelnen Gegenständen; sie können alle gebraucht
werden.
- (licht)