Anderswo fassen die Eingeborenen den Fuß des Gastes »und reiben sich mit demselben das Gesicht». In Japan steckt der Rangniedere die rechte Hand in den linken Armel, lässt die verschränkten Arme bis zu den Knien sinken und ruft »hin und her wankend mit furchtsamen Gebärden: »Augh! Augh! (Füge mir kein Leid zu!)«.
Noch toller treiben es manche Negerstämme: Sie schnippen mit den Fingern, ziehen statt unseres Zylinders einen Kamm oder fassen sich so fest an den Händen, »daß diese knacken». Die Mandingos packen, wenn sie ein Frauenzimmer grüßen, »die Hand desselben und beriechen sie 2 Mal»; die Äthiopier ziehen sich gar »halb nakkend» aus, um die Leibbinden zu tauschen. Wenn Indianer sich begrüßen, beginnen sie zu seufzen und von ihrem Kummer zu erzählen; ihr »abscheuliches Geheul» verwandelt sich erst nach dem Rauchen des Kalumets in ein »fröhliches Lachen». So hält der eine für artig, was dem andern als ungehobelt gilt. »Statt der in dem protestantischen Deutschland üblichen Grußformeln, Guten Morgen! Ihr Diener! Ich empfehle mich Ihnen! u.s.w grüßt man in den katholischen Ländern mit dem von Papst Benedict XIII. anempfohlenen Bundesgruß: Gelobt sei Jesus Christus!, welcher mit: In Ewigkeit. Amen! erwidert wird.» — »Wenn aber», ergänzt Brockhaus 1843, »bei Franzosen, Deutschen und andern Völkern Männer sich küssen, so halten dies die Engländer nur unter nächsten Verwandten für anständig.«
Allgemein gilt jedoch: »Je ungebildeter die Völker, desto sklavischer
ist ihre Begrüßung; nur die ganz rohen Völker machen hier wieder eine Ausnahme.«
Das gilt auch für die katholischen Bayern, die 1838 das preußische Militär
bei Kirchenfesten in die Knie zu zwingen versuchten. »Der mehrjährige,
auch litterarisch lebhaft geführte Kniebeugungsstreit» (Brockhaus
1892, Artikel »Kniebeugung«) endete am 12. Dezember 1845 mit einem Sieg
der preußischen Fahnen. Von sklavischen Kniefällen und Hofknicksen nimmt
Meyer 1936 im Artikel »Gruß« nur den »deutschen Gruß« aus: »Er allein
ist der würdige Ausdruck der Begegnung freier Menschen, der alles Unterwürfige
der früher und in anderen Ländern noch üblichen Höflichkeitsformen des
Grußes abstreift. Das Erheben der offenen ausgestreckten Hand galt den
Germanen als Zeichen des Vertrauens, daß man sich waffenlos, also freundschaftlich,
nahe.« - (
lex
)
Begrüßung (2) Klytaimnestra begrüßte ihren
von der Reise müden Gatten mit allen Zeichen der Freude, rollte einen purpurnen
Teppich für ihn auf und rührte ihn zum Badehaus, wo Sklavenmädchen ein
warmes Bad vorbereitet hatten. Aber Kassandra blieb in einer prophetischen
Trance außerhalb des Palastes, weigerte sich einzutreten und klagte in
Tränen, daß sie Blut rieche und daß der Fluch des Thyestes schwer über
der Speisehalle laste. Als Agamemnon sich gewaschen hatte und das Bein
aus dem Bade hob, eifrig bereit, an dem reichen Mahl, das schon auf den
Tafeln aufgetragen war, teilzunehmen, kam Klytaimnestra zu ihm. Sie tat,
als wolle sie ein Badetuch um ihn wickeln, aber statt dessen warf sie ein
selbstgewobenes Netzhemd über sein Haupt, das weder Halsöffnung noch Armlöcher
hatte. In diesem, wie ein Fisch gefangen, starb Agamemnon durch die Hände
des Aigisthos, der zweimal mit einem zweischneidigen Schwert auf ihn einschlug.
Er fiel in die silberwandige Wanne zurück, und Klytaimnestra rächte das
ihr angetane Leid; sie schlug sein Haupt mit einer Axt
ab. Dann rannte sie hinaus, um Kassandra mit der gleichen Waffe zu töten.
Sie fand es aber nicht einmal der Mühe wert, vorher die Augenlider oder
den Mund ihres Gemahls zu schließen. Das Blut, das auf sie gespritzt war,
wischte sie mit seinen Haaren ab, zum Beweis, daß er selbst den Tod über
sich gebracht hatte. - (
myth
)
Begrüßung (3) Ein männliches Unwetter,
gleich in die Küche, gnädige Frau, sein Name ist Heinrich Müller, will
aber von allen guten Menschen Heini genannt werden. Schert öfter plötzlich
den rechten Fuß aus, läßt ihn kreisen, eine Hand kreist mit, die andere
sucht den Bauch, er knickt, taucht wieder auf, grinst, scheint aber auch
stolz zu sein auf die gerade exekutierte Harlekinsverbeugung. Mit weit
ausgewinkelten Füßen geht er geradezu schleppend schwer auf Birga zu, ein
Tänzer nach der Großanstrengung. Zwei Hände fährt er zur Begrüßung aus.
Die Rechte besteht aber nur noch aus einem Daumen.
Das ist allerdings ein ganz besonderer Daumen. Ein Daumen von doppelter,
nein, von dreifacher Länge. Fleisch vom verlorenen Handballen wurde verarbeitet
bei der Herstellung dieses roten und beweglichen Narbenschafts. Und diesen
riesigen Daumenrüssel - der war der Stolz des Chirurgen, das sieht man
doch -, den hält er Birga hin, die kann wohl nicht abschlagen, er aber
deckt gleich die Linke über den Händedruck. Die Linke ist eine Prachtshand,
so braun wie der ganze Kerl. Behaart bis zu den Fingernägeln. Wo die Haare
an den Steilseiten der Hand aufhören, beginnt gleich
eine auffällige Blöße. Er muß schon fünfzig sein. Hat eine braun spiegelnde
Glatze, einen schwarzen Schattentrichter in der linken Bartschattenbacke,
den man wohl Grübchen zu nennen hat. Wie lange will er eigentlich Birga
seine Stummelhand so hinhalten? Wie lange ihr kerzengerade in die Augen
schauen? Er amüsiert sich offenbar, weil sie die Augen
niederschlägt. Vielleicht läßt er nicht ab, bevor sie nicht den Blick
so tief erwidert wie er angeboten wird und dazu sagt: Sie haben aber schön
großbraune Rehbockaugen! - Martin Walser, Das Einhorn. Frankfurt
am Main 1966
Begrüßung (4)
Begrüßung (5) Tuonetar ist die Göttin der Unterwelt
Tuonela in der finnischen Mythologie. Sie begrüßt die Toten zusammen mit ihrem
Mann Tuoni mit einem Krug voller Frösche und Würmer.
-
Wikipedia
Begrüßung (6) Gebe der Himmel, daß der Leser,
erkühnt und augenblicklich von grausamer Lust gepackt gleich dem, was er liest,
seinen steilen und wilden Weg durch die trostlosen Sümpfe
dieser finsteren und gifterfüllten Seiten finde, ohne die Richtung zu verlieren;
denn wofern er nicht mit unerbittlicher Logik und einer geistigen Spannung,
die wenigstens seinen Argwohn aufwiegt, an diese Lektüre geht, werden die tödlichen
Emanationen dieses Buches seine Seele durchtränken wie das Wasser den Zucker.
Es ist nicht gut, daß jedermann die folgenden Seiten lese. - (
mal
)
Begrüßung (7)
Vergil
und Dante werden im Inferno begrüßt
Begrüßung (8) Agneta Tigges, deutscher
vater, schwedische mutter, war eingetreten - eine viertelstunde eher als abgemacht,
wie flieger Clavigny mit genugtuung in der leistengegend feststellte. Rumpsdidelbumms,
da kommt sie, die schöne nutte, der langbeinige schwanzfriedhof, der paradearsch,
meine minivalkyrie in reizwäsche, meine meisternucklerin, mein schnuckeliger
wackelbusen, mein schlafzimmerjuchzer . .. - H.
C. Artmann,
How much, schatzi? Frankfurt am Main 1971
Begrüßung (9) Eine Esperanze baute sich ein Haus und brachte eine Kachel an, daraufstand: Willkommen in meinem Heim alle, die da treten ein.
Ein Fame baute sich ein Haus und brachte überhaupt keine Kachel an.
Ein Cronopium baute sich ein Haus und legte, wie
es der Brauch war, die Vorhalle mit Fliesen aus, die es fertig kaufte oder für
sich anfertigen ließ. Die Fliesen waren so angeordnet, daß man sie der Reihe
nach lesen konnte. Auf der ersten stand: Willkommen in meinem Heim alle,
die da treten ein. Auf der zweiten stand: Das Haus ist klein, aber groß
das Herz. Auf der dritten stand: Des Gastes Gegenwart ist wie der Rasen
zart. Auf der vierten stand: In Wahrheit arm, doch nicht an Willen.
Auf der fünften stand: Diese Inschrift hebt alle vorhergehenden Inschriften
auf. Hau ab, du Hund. - (cron)
Begrüßung (9)
Begrüßung (10) Sein Bart wackelte,
als er sich verbeugte. Eure Heiligkeit, sprach Mr. Owen die sechs Wanderer an.
Fromm dankten die Sechs, die geschunden und zerschlagen waren, und ihre gestiefelten
Füße wie schwarze und schmutzige Flügel über den Boden nachzogen. Mr. Owen verbeugte
sich vor Miss Myfanwy, die einen tiefen Knicks tat und errötete, als sein Hemd
aus seiner offenen Hose wie ein Bart hervorwackelte. - (echo)
Begrüßung (11)