Begnadet  Unter dem Schultor sagt der Hausmeister: »Brauchst keine Angst zu haben, Baratto. Es ist schon eine Vertretung für dich da. Fahr ruhig nach Haus und laß dich behandeln.«

So gibt er schließlich seine Versuche auf, wieder ins Schulgebäude hineinzukommen. Natürlich weiß er nicht, daß der Schuldirektor, hinter einem Fenster versteckt, alle seine Versuche beobachtet hat, und er fährt auf seinem Motorrad davon, während der andere (der Schuldirektor) sich immer noch fragt, ob Baratto nicht wirklich die Gnade gewährt worden sei, daß ihm von nun an die Gedanken wegbleiben, das Surren der Sätze im Inneren aufhört und er von jenem ununterbrochenen Irrereden, das jeder in sich hat, befreit ist.

Kurz darauf stellt der Direktor im Büro seiner Sekretärin gegenüber folgende Betrachtungen an: »Er sieht aus wie ein Schatten, der vorübergeht, ohne sich Gedanken darüber zu machen, daß er ein Schatten ist. Sein Erscheinen ist schon wie ein Verschwinden. Als hätte er keine Regung in sich, die etwas beweisen sollte.«

Die Sekretärin antwortet, daß sie, ehrlich gesagt, nicht einmal die Hälfte von dem verstanden habe, was er sagen wolle. Der Direktor schaut zum Fenster hinaus und fragt sich, was all das wohl bedeuten soll und was wohl die Sätze bedeuten, die er gerade ausgesprochen hat.   - Gianni Celati, Der wahre Schein. Berlin o. J. (zuerst 1987)

Begnadet (2)  Reden wir ein wenig darüber, wie ein guter Engel bisweilen gerechte und heilige Männer begnadet, und zwar besonders an der Zeugungskraft. Denn so geschah es mit dem Abte S. Serenus, von dem Cassianus berichtet, in seinen Collat. patr., und zwar coll. abb. Sereni 1. „Dieser," sagt er, „war um die innere Keuschheit des Herzens und der Seele bei Tag und Nacht mit Gebeten, Fasten und Wachen unermüdlich besorgt und sah endlich, daß er durch die göttliche Gnade alle Flammen der fleischlichen Lust in sich gelöscht hatte. Von noch größerem Eifer für die Keuschheit angespornt, bat er, nachdem er die genannten Mittel gebraucht, danach den Allgütigen, Allmächtigen, daß die Keuschheit des inneren Menschen auch an seinem Leibe durch Gottes Geschenk sich zeigte. Da kam der Engel Gottes in nächtlicher Vision zu ihm, und indem er gleichsam seinen Leib öffnete und aus seinen Eingeweiden ein feuriges Fleischstück herausholte, sagte er, indem er alle inneren Teile wieder an ihren Ort brachte: „Siehe, hier ist der Stachel deines Fleisches abgeschnitten; wisse, daß du mit dem heutigen Tage beständige Keuschheit des Fleisches erlangt hast nach deinem Gebete, da du batest, du möchtest nicht einmal durch die natürliche Bewegung, die auch bei den Kleinen und Säuglingen erregt wird, gepeinigt sein".  - Jakob Sprenger, Heinrich Institoris, Der Hexenhammer. München 1985 (dtv klassik, zuerst 1487)
 
 

Gnade

 

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Gnadengabe