efingerer
Ich setzte meine neue Mütze auf und fing an, Out
of Africa zu lesen. Ich hatte das Buch schon gelesen, aber ich wollte ein
paar Stellen noch einmal lesen. Ich hatte erst ungefähr drei Seiten hinter mir,
als ich jemand durch die Vorhänge vom Duschraum kommen hörte. Auch ohne hinzusehen,
wußte ich sofort, wer es war. Es war Robert Ackley, der im Zimmer neben uns
wohnte. In unserem Flügel war immer zwischen zwei Zimmern ein Duschraum, und
ungefähr fünfundachtzigmal im Tag platzte dieser Ackley herein. Außer mir war
er wohl der einzige von allen in unserem Flügel, der nicht beim Footballmatch
war. Er machte fast nie bei etwas mit. Ein komischer Kerl. Er war ein Senior
und war seit vier Jahren in Pencey, aber niemand nannte ihn anders als «Ackley».
Nicht einmal Herb Gale, der das Zimmer mit ihm teilte, nannte ihn «Bob» oder
auch nur «Ack». Falls er jemals heiratet, nennt ihn vermutlich auch seine eigene
Frau «Addey». Er war sehr groß - ungefähr 1,93 -, mit hängenden Schultern und
schlechten Zähnen. In der ganzen Zeit dort habe ich nie
gesehen, daß er sich die Zähne geputzt hätte. Sie sahen immer moosig und gräßlich
aus, und es konnte einem schlecht werden, wenn er beim Essen den ganzen Mund
voll Kartoffelbrei oder Erbsen oder was weiß ich hatte. Außerdem war er mit
Pickeln bedeckt. Nicht nur auf der Stirn oder auf dem Kinn wie die meisten andern,
sondern über das ganze Gesicht. Und nicht nur das, er war überhaupt ein ekelhafter
Charakter, irgendwie schmierig. Ich schwärmte nicht gerade für ihn, ehrlich
gesagt.Ich fühlte, daß er hinter meinem Stuhl stand und herumschaute, ob Stradlater
da sei. Er konnte Stradlater nicht ausstehen und kam nie ins Zimmer, wenn Stradlater
da war. Er konnte so ziemlich niemand ausstehen.
Dann kam er näher. «Hi», sagte er. Er sagte das immer in einem Ton, als ob
er furchtbar gelangweilt oder furchtbar müde wäre. Er wollte nie, daß man dächte,
er statte einen Besuch ab. Man sollte meinen, er sei nur aus Versehen hereingekommen,
um Himmels willen.
«Hi», sagte ich, ohne von meinem Buch aufzusehen. Bei einem solchen Kerl
wie Ackley war man verloren, wenn man vom Buch aufsah. Man war ohnedies verloren,
aber wenigstens nicht so von Anfang an, wenn man sich tot stellte.
Er schlenderte langsam im Zimmer herum und so. Das machte er jedesmal so
und befingerte dabei alle möglichen persönlichen Sachen auf meinem Tisch oder
auf der Kommode. Das machte er immer: die persönlichsten Sachen anfassen
und beglotzen. - J. D. Salinger,
Der Fänger im Roggen. Reinbek bei Hamburg 1969 (rororo 851, zuerst 1951)
Befingerer (2)
Befingerer (3)
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Beardsley