ar Ich
hörte, wie Whitey zum Barkeeper sagte: »Heb das mal für mich auf, ja?« Er schob
ihm sein großes Klappmesser über den Tresen. Die Jungs hockten schweigend und
mit düsteren Mienen unter den Neonröhren. Vor Whitey hatten alle Schiß - bis
auf Roy. Roy schlürfte grimmig sein Bier. In seinen Augen lag wieder dieser
eigentümliche phosphoreszierende Schimmer. Sein langer Körper hing schief an
der Theke. Er sah nicht zu Whitey hin, sondern hatte den hinteren Teil der Bar
im Auge, wo die Nischen waren. Einmal sagte er zu mir: »Der ist bestimmt kein
größerer Säufer als ich. Er hat einfach Durst.«
Whitey stand jetzt mit geballten Fäusten mitten in der Finte und die Tränen liefen ihm übers Gesicht. »Ich bin zu nix gut«, sagte er. »Ich bin zu nix gut. Ich weiß nicht mehr, was ich mach. Versteht'n das keiner?«
Die Jungs versuchten sich so weit wie möglich von ihm abzusetzen, ohne seine Aufmerksamkeit zu erregen.
Subway Slim, der gelegentlich mit Mike zusammenarbeitete, kam herein und bestellte sich ein Bier. Er war groß und hager, und sein häßliches Gesicht wirkte merkwürdig leblos und maskenhaft, als sei es aus Holz. Whitey schlug ihm zur Begrüßung auf die Schulter, und ich hörte, wie Slim sagte: »Menschenskind Whitey, hör mir bloß auf.« Es gab einen Wortwechsel, den ich im einzelnen nicht mitbekam. Irgendwann ließ sich Whitey wohl sein Messer vom Barkeeper zurückgeben. Jedenfalls stand er plötzlich hinter Slim und gab ihm einen Stoß in die Rippen. Slim stöhnte auf und sackte nach vorn gegen die Theke. Ich sah, wie Whitey zum Ausgang ging und verstohlene Blicke um sich warf. Er klappte sein Messer zu und ließ es in der Hosentasche verschwinden.
»Gehn wir«, sagte Roy. - (
jun
)
Bar (2) Die Bar ist eine Schule der Einsamkeit.
Sie muß vor allem ruhig sein, möglichst düster und sehr bequem. Jede Musik,
auch noch die entfernteste, ist verpönt - ganz entgegen dem üblen Brauch, der
sich heute in aller Welt breitmacht. Höchstens ein Dutzend Tische, möglichst
nur Stammgäste, und zwar wenig gesprächige. - Luis Buñuel, Mein letzter Seufzer. Berlin, Wien, Frankfurt am
Main 1985
Bar (3)
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