allade  Man suchte  einen mehr Meilen entfernten morastigen Teich ab und fand dort eine mit Steinen beschwerte Leiche, deren Beine zusammengeschnürt waren und deren Kopf mit durchschnittener Kehle und zertrümmertem Schädel einem Sack steckte. Der Tote war Mr. William Weares, ein besessener Spieler, der gewöhnlich in Lyon's Inn, Strand in London logierte.

Als Anstifter des Mordes verhaftete man den Besitzer einer Spielhölle in Manchester Buildings, Westminster, namens John Thurtell, der einer achtbaren Norwicher Familie entstammte. Außer ihm selbst wurden noch zwei seiner Freunde in Haft genommen: ein gewisser Joseph Hunt, der Sänger und gleichzeitig Inhaber eines Kaffeehauses in London war, und William Probert, ein ehemaliger Weinhändler, der Bankrott gemacht und sich nach Hertfordshire zurückgezogen hatte, wo er in einem Häuschen, das in der Nähe des Tatorts lag, zur Miete wohnte. Die Geschworenen in Hertford, die über Thurtell als Haupttäter, und Hunt und Probert als Helfershelfer zu Gericht saßen, verurteilten die beiden ersteren zum Tode, während Probert in seiner Eigenschaft als Kronzeuge mit dem Leben davonkam. Doch nur bei Thurtell wurde der Urteilsspruch am 8. Januar 1824 in Hertford vollstreckt. Noch nie hatte ein Mörder am Galgen geendet, der sich so Ruhm und Volkstümlichkeit wie Thurtell erworben hatte, und zwar nicht allein durch die Begleitumstände des Verbrechens und die mit verknüpften Legenden, sondern auch durch seine eindrucksvolle Verteidigungsrede vor Gericht und sein von Schließern und Wärtern bezeugtes Benehmen im Gefängnis unter dem Schatten des Todeurteils. Am merkwürdigsten ist aber die literarische Berühmtheit, zu der Thurtell und der Mord in Hertfordshire vom Jahre 1824 gelangten. In einer zeitgenössischen, Theodor Hook zugeschriebenen volkstümlichen Ballade finden wir einen gedrängten Auszug der Tatsachen in folgenden unsterblichen Versen:

They cut his throat from ear to ear;
His brains they battered in:
His name was Mr. William Weare,
He dwelt in Lyons Inn.

Die kraftvolle Einfachheit dieser Strophe imponierte Sir Walter Scott dermaßen, dass er sie öfter mit Wonne zitierte. - (quinc)

Ballade (in U-Dur)

Es lebte Herr Kunz von Karfunkel
mit seiner verrunzelten Kunkel
auf seinem Schlosse Punkpunkel
in Stille und Sturm.
Seine Lebensgeschichte war dunkel,
es murmelte manch Gemunkel
um seinen Turm.

Täglich ließ er sich sehen
beim Auf- und Niedergehen
in den herrlichen Ulmenalleen
seines adlichen Guts.
Zuweilen blieb er stehen
und ließ die Federn wehen
seines Freiherrnhuts.

Er war just hundert Jahre,
hatte schneeschlohweiße Haare
und kam mit sich ins klare:
Ich sterbe nicht.
Weg mit der verfluchten Bahre
und ähnlicher Leichenware!
Hol' sie die Gicht!

Werd' ich, neugiertrunken
ins Gartengras hingesunken,
entdeckt von dem alten Halunken,
dann grunzt er plump:
Töw Sumpfhuhn, ick wil di glieks tunken
in den Uhlenpfuhl zu den Unken,
du schrumpliger Lump!

Einst lag ich im Verstecke
im Park an der Rosenhecke,
da kam auf der Ulmenstrecke
etwas angemufft.
Ich bebe, ich erschrecke:
Ohne Sense kommt mit Geblecke
der Tod, der Schuft.

Und von der andern Seite,
mit dem Krückstock als Geleite,
in knurrigem Geschreite,
kommt auch einer her.
Der sieht nicht in die Weite,
der sieht nicht in die Breite,
geht gedankenschwer.

Hallo, du kleine Mücke,
meckert der Tod voll Tücke,
hier ist eine Gräberlücke,
hinunter ins Loch!
Erlaube, daß ich dich pflücke,
sonst hau' ich dir auf die Perücke,
oller Knasterknoch.

Der alte Herr, mit Grimassen,
tut seinen Krückstock festfassen:
Was hast du hier aufzupassen,
du Uhu du!
Weg da aus meinen Gassen,
sonst will ich dich abschrammen lassen
zur Uriansruh'!

Sein Krückstock saust behende
auf die dürren, gierigen Hände,
die Knöchel- und Knochenverbände:
Knicksknucksknacks.
Freund Hein schreit: Au, mach ein Ende!
Au, au, ich lauf ins Gelände
nach Haus schnurstracks.

Noch heut lebt Herr Kunz von Karfunkel
mit seiner verrunzelten Kunkel
auf seinem Schlosse Punkpunkel
in Stille und Sturm.
Seine Lebensgeschichte ist dunkel,
es murmelt und raunt manch Gemunkel
um seinen Turm.

- Detlev von Liliencron

 

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