äume,
unsterbliche
Neben Bemerkungen über die Größe und Wildheit der Lachse, die Tücken
der nebelverhangenen Küste und die Fischerdörfer der Yurok und Tolowa hatten
Kapitäne, die nicht gerade für übersinnliche Fähigkeiten bekannt waren, in ihren
Logbüchern mehr als einmal notiert, sie hätten das Gefühl gehabt, an eine unsichtbare
Grenze zu stoßen, wenn sie sich von See aus näherten, vorbei an mit düsteren
Nadelhölzern bestandenen Kaps, an Wäldern von Redwoods mit ihren lotrecht aufragenden
Stämmen und wolkenverhangenen Wipfeln, diesen Bäumen, die zu hoch, zu rot waren,
um Bäume im eigentlichen Sinne zu sein, und daher gewiß eine andere Bestimmung
hatten, welche die Indianer vielleicht kannten, aber nicht preisgaben. Diese
waren auf den ersten Fotografien aus der Zeit um die Jahrhundertwende zu sehen,
wo Dorfbewohner den Fotografen bei der Arbeit beobachteten, oft in traditioneller
Kleidung und vor einem silbrig verschwommenen Hintergrund, vor den schwarzen
Spitzen der aus dem grauen Meer ragenden Felsen, die von unschuldig-ungeschlachten
weißen Sturzwellen eingefaßt wurden, vor Basaltklippen, die aussahen wie Burgruinen,
und den massierten, atmenden, unsterblichen Redwoods, wohingegen man das in
diesen Bildern vorherrschende Licht auch heute noch in Vineland fand: die regnerische
Indifferenz, mit der es auf Oberflächen fiel, die Aufforderung, sich den Regionen
des Geistes zuzuwenden - denn was sonst mochten diese antiken Emulsionen enthüllen?
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Thomas Pynchon, Vineland. Reinbek bei Hamburg 2015
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