Bademeister (2)
In
Neukölln lernten wir einen Bademeister Bernhard Bode kennen, mit dem wir
glaubten, einen neuen Geschäftszweig eröffnen
zu können. Bode, bei dem man einen Ring gefunden hatte, der zuvor einer Dame
ins Wasser gefallen war - darauf wurde die Sache gedreht -, war als Bademeister
entlassen worden und suchte nach einer neuen Beschäftigung. Er hatte angeblich
ein Verfahren, durch besondere Kombination von Brustgürteln und in sich gekuppelten
Schnallen eine Anzahl vollbesetzter Boote, wie sie in den Ausflüglerlokalen
an der Spree vermietet werden, hinter sich her zuziehen-Typ: der lebende Frachtdampfer.
Mit dem Mann wäre ein großes Sommergeschäft zu machen gewesen. Wir ließen Plakate
drucken: Bernhardi Boddi - der lebende Frachtdampfer, und machten einen
Startversuch in einem kleinen Gartenlokal in Weißensee, als zusätzliche Attraktion
zu dem sonntäglichen Gartenkonzert, vermieteten sechs Boote zu je acht zahlenden
Passagieren und verkauften etwa 100 Eintrittskarten. Die Sache fiel ins Wasser.
Bode kam vom Laufsteg nicht los. Ich hörte ihn prusten und gurgeln
und stöhnen - es nutzte nichts. - Franz Jung, Der Weg nach unten. In: Franz Jung, Schriften, Bd. 1,
Salzhausen / Frankfurt am Main 1981
Bademeister (3) Am Strand war ein bellender Hund ein weinendes Kind ein singendes Mädchen, der Wind wehte und der Rundfunk sendete im zweiten Programm »Einen Rat für dich«. Wen meint ihr wenn ihr sagt: für dich? Auf wen bezieht sich dich? Vielleicht auf mich? Dann verliert ihr aber eure Zeit, ich nehme von niemandem einen Rat an. Um so weniger vom Rundfunk.
Ein alter Mann saß auf einem Liegestuhl unter einem Sonnenschirm. Es ist mein Großvater, sagte der Bademeister, gut es ist Ihr Großvater, er sah aus wie eine Mumie. Dieser Alte gefällt mir nicht diese Mumie. Alte Männer gefallen mir im allgemeinen nicht.
Ein Toter ist nichts, sagte der Bademeister, ich fische jedes Jahr drei oder vier heraus, manchmal schwemmt das Meer sie mir auch an den Strand. Ich rede von den Ertrunkenen er redete von den Ertrunkenen, Sacramento was für ein häßlicher Beruf, sagte ich. Schön oder häßlich ich bin der Bademeister. Er hatte ein Rad von schwarzer Form und Farbe. Er stand unter dem Sonnenschirm im Schatten. Na schön, sagte ich, da haben wir den Mörder. Man hat Sie nachts auf dem Rad in der Gegend von Pavona gesehen in der Nähe des Turms aus dem Mittelalter, sagte ich, wie erklären Sie diese Tatsache, warum treibt sich ein Bademeister nadits in der Ebene herum, was hat er da zu tun? Und dann sagte ich unvermittelt
HABEN SlE IHN ERMORDET?
Der Bademeister lachte, lach nur da gibt es nichts zu ladien. Vielleicht verwechseln Sie mich mit einem andern, sagte er, gut vielleicht verwechsle ich ihn laßt mich ihn nur verwechseln. Vorsicht, es gibt auch Zeugen. Der Bademeister spuckte in den Sand, er sagte ein Bademeister kann gehen wohin er will auch nach Afrika wenn er Lust hat. Wozu nach Afrika, sagte ich, wozu denn so weit weg?
In Afrika gibt es das Meer, sagte der Bademeister, dann gibt es auch Städte
und Land, es gibt auch Schneeberge. Gut es gibt auch Schnee in Afrika, aber
wozu wollen Sie dorthin gehen? Wollen Sie etwa abhauen? Dann haben Sie also
etwas Schlimmes angestellt. Geben Sie acht, sagte ich, in Afrika gibt es Löwen
und andere hungrige Raubtiere. - Luigi Malerba, Salto mortale. Frankfurt
am Main 1987
Bademeister (4)
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