Azteken  Sie haben immer noch eine große Angst vor den Spaniern, die könnten auf einmal wieder kommen. Und daher wohnen sie, um sich zu tarnen, nicht mehr in ihrem alten Reich, das sie verfallen ließen; sondern nun leben sie im Reich der Minerale; und die Städte, die dort unter der Erde liegen, haben die verborgenste Gestalt, die es gibt, das heißt, sie sind im Zustand puren Gesteins.

Und die Baumethode, die sie seit der Ankunft der Spanier anwenden, besteht darin, alles im Urzustand zu belassen. Sie tasten die Marmorsteine ab, erkennen deren Art, Widerstandsfähigkeit und das Licht, das sie den Räumen geben, und sie sehen schon die fertige Stadt. Auf ihren Gängen durch die Felsschluchten sprechen sie darüber und erzählen einander erfindungsreiche Baupläne und ändern sie in einem fort, je nach der Laune, der Feuchtigkeit oder der Hitze des Tages. Und auch wenn sie es dann ihrer nun schon instinktiven Vorsicht halber nicht ausführen, bauen sie doch Türme, Stadtviertel, große Aquädukte, Bollwerke, Brücken, öffentliche Bäder, Himmelsobservatorien und außerdem, nach der Phantasie des einzelnen, Statuen, Reliefs und Fontänen.

In gewissem Sinn ist ihre Kultur blühender denn je, weil ihnen, wie sie sagen, die Materie keinen Widerstand mehr leisten kann. Sie nehmen einen Stein, und indem sie ihn stundenlang anschauen, zisellieren sie ihn so fein wie Brüsseler Spitze, machen daraus das feinste Schmuckstück, flatterndes Nymphenhaar, in dem man jedes Band und jedes Haar unterscheiden kann. Dann werfen sie diesen Stein weg und suchen einen anderen, um zu sehen, was für Schönheiten er in sich hätte bergen können.   - (mond)

Azteken (2)   Sie kleiden sich als arme Indios in leichte Baumwolle und leben in den Bergen und der Sierra. So kann niemand ihre neuen Städte besichtigen, auch wenn sie vor aller Augen liegen; während die alten Städte, die man gut sehen kann, menschenleer sind. Ihre Schriften haben sie nicht aufgegeben. Sie sagen im Gegenteil, daß überall etwas geschrieben steht; sie lesen die Blätter des abblätternden Gesteins wie ein gedrucktes Buch: Dort steht die Geschichte vom Vergehen der Zeit, und die Buchstaben kommen vom Lauf der Flüsse, von den Überschwemmungen, von der Lava der großen Vulkane, von dem Jahrtausende alten Leben der Wälder, der Wüsten und der Meere. Sie sagen, daß das die Chronik ist von allem, was geschieht, und daß alles geschrieben steht, auch wenn es dem Unkundigen nicht als Schrift erscheint. Aber ihnen paßt es gerade so.  - (mond)
 
 

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