uferstehung   Es wird nur das auferstehen, was nötig ist für die Wirklichkeit der Natur.

Alles, was über die Vollständigkeit der Menschen nach der Auferstehung gesagt worden ist, muß sich darauf beziehen, was zur Wirklichkeit der menschlichen Natur gehört; denn was nicht zur Wirklichkeit der menschlichen Natur gehört, wird in den auferstandenen Menschen nicht wiederhergestellt: Sonst wären notwendigerweise alle Menschen von übermäßiger Größe, wenn alle Nahrung, zu Fleisch und Blut geworden, wiederhergestellt würde. So daß also nur auf die Wahrheit jeder Natur ihrer Art entsprechend geachtet wird; daher werden sich die Teile des Menschen, die seiner Art und Form zugehören, alle vollständig in den auferstandenen Menschen wiederfinden, so die organischen Teile und die ihnen ähnlichen, wie das Fleisch, die Nerven und alle die Dinge dieser Gattung, die zum Aufbau der Organe gehören. Nicht die gesamte Materie, die sich während ihres natürlichen Zustandes in diesen Teilen befunden hat, wird wiederhergestellt, sondern nur so viel, wie für die Vollständigkeit der Art dieser Teile genügt. Dennoch wird der Mensch weiterhin in seiner Vollständigkeit zahlenmäßig der gleiche sein, auch wenn nicht alles aufersteht, was sich stofflich in ihm befunden hat. In der Tat: Es ist klar, daß der Mensch in diesem Leben von Anfang bis Ende zahlenmäßig derselbe ist.

Dennoch bleibt das, was nach Art der Teile in ihm ist, nicht dasselbe, sondern es ist der Einbuße und dem Zuwachs unterworfen, so wie das Feuer sich aus sich selbst erhält durch das Hinzufügen von Holz in dem Maße, wie dasselbe sich verzehrt; der Mensch ist ganz, wenn die Art und die Menge, die der Art entspricht, erhalten bleibt. Thomas von Aquin, Brevis summa de fide, CLIX - nach (boc)

Auferstehung (2) Ich tauche aus dem Schlaf auf, als hätte es mich nie gegeben. Nur eine dubiose Kleinigkeit hindert mich daran, dieser Neuling des Daseins zu sein: meine Erinnerung und die der anderen an mich. Es gibt Umstände, Umgebung, Dinge, die nicht dazu passen wollen, daß ich unter ihnen erstmals zutage träte. Ich kenne sie, sie kennen mich. Deshalb hat es seinen Sinn, daß die anderen mich begrüßen wie ich sie, wenn wir uns am Morgen oder im Laufe des Tages begegnen. Dazu muß man nur in einem allerweitesten Sinne dazugehören, keineswegs besondere Intimität besitzen: Die Normalität des Schon-Dagewesenseins bedarf der Zeugenschaft für ein Wesen, das so tief schlafen kann wie der Mensch, daß sein Anschluß an sein gelebtes ›Vorleben‹ ihm nicht selbstverständlich ist.

Es ist eben nicht das Und-so-weiter schlichtweg. Man kommt zu sich, das ist eine unglaubliche Sache, jedes Aufstehen eine Auferstehung, weil alles dagegen spricht, daß sich das Bewußtsein auf seine Unterbrechung eingelassen hat. - (blum3)

Auferstehung (3)  Unsere Leiber werden auch in der Auferstehung nicht in solchem harten Fleische und Beinen bestehen, sondern sind gleich den Engeln, und obgleich alle Forma und Kraft wird darinnen sein, auch alle Geschicklichkeit, bis auf die Geburtsglieder, die werden in einer andern Forma stehen, sowohl auch das Eingeweide der Därme, so werden wir doch nicht die harte Begreiflichkeit haben.  - (boe)

Auferstehung (4) Er kam zu der Entstehung der Pflanzen und Tiere, zeigte, wie sie abwechselnd entstanden waren, und daraus leitete er ein kleines Gesetz ab: Daß kein Wesen im Tode oder auch durch höchste Kälte oder Verbrennung, durch irgendeine Zerstreuung oder durch ein ungeheures Alter, je seine Wesenheit verlieren könnte. Damit war Grettir wiederum in einer ganz verdächtigen Nähe der Bibel angelangt, er sah eine fortgesetzte Auferstehung, auch wenn man so sagen will, des Fleisches, aber da er natürlich garnicht daran dachte, ein so unerhört defektes Subjekt, wie nun einmal jedes Individuum ist, in seiner langweiligen, schwatzhaften, dummen Totalität noch einmal wieder aufleben zu lassen, so hatte er natürlich ebenso sehr Jeden Christen gegen sich, wie wenn er davon sprach, daß man sich von einem Himmel eben keine Vorstellungen machen könnte, weil man nicht das Recht hätte, irgendetwas zu denken, was man nicht sofort verwirklichte, sodaß also für den Himmel unter keinen Umständen irgendeine Vorstellbarkeit übrig blieb. Engel mit langen, noch dazu weißen Hemden, konnte er nicht leiden, daß man aber am Ende die feinen, aufsteigenden Wolken in den Bergen einmal in die Wesenheit von Engeln übernommen hatte, daß man nach großen Gewitterschlachten vielleicht auch solche Engel die Seelen von Erschlagenen in die Höhe bringen ließ, - dagegen hatte er nichts.  - Ernst Fuhrmann, Der Geächtete. Berlin 1983 (zuerst 1930)

Auferstehung (5) Ich ward in einen Zustand der Empfindungslosigkeit hinsichtlich der körperlichen Sinne, somit beinahe in den Zustand der Sterbenden gebracht, während jedoch das inwendige Leben samt dem Denken unversehrt blieb, damit ich wahrnehmen und im Gedächtnis behalten möchte, was vorging und was denen geschieht, die von den Toten auferweckt werden; ich nahm wahr, daß das Atmen des Körpers beinahe weggenommen war, während das inwendige Atmen, welches das des Geistes ist, zurückblieb, verbunden mit einem schwachen und leisen des Körpers. Zuerst ward nun eine Gemeinschaft hinsichtlich des Herzschlages mit dem himmlischen Reich eröffnet, weil dieses Reich dem Herzen des Menschen entspricht; es erschienen auch Engel aus demselben, einige in der Ferne und zwei nahe beim Haupt, bei dem sie sich niederließen; infolgedessen wurde [mir] alle eigene Gemütsregung [affectio] weggenommen, dennoch aber blieb das Denken und das Bewußtsein [perceptio]; in diesem Zustand war ich einige Stunden lang. Die Geister, die um mich gewesen waren, entfernten sich jetzt, weil sie meinten, ich sei gestorben; auch ward ein aromatischer Geruch empfunden, wie von einem einbalsamierten Leichnam; denn wenn himmlische Engel zugegen sind, so wird das Leichenhafte wie Aromatisches empfunden, und wenn dieses die Geister riechen, so können sie nicht herzunahen; so werden denn auch die bösen Geister vom Geist des Menschen gleich bei seiner Einführung in das ewige Leben abgehalten. Die Engel, die beim Haupt saßen, waren still; sie brachten bloß ihre Gedanken in Berührung mit den meinigen; werden jene aufgenommen, so wissen die Engel, daß der Geist des Menschen in dem Zustand ist, daß er aus dem Körper herausgeführt werden kann. Die Mitteilung ihrer Gedanken geschah dadurch, daß sie mir ins Angesicht sahen; denn so geschehen im Himmel die Mitteilungen der Gedanken. Weil mir das Denken und Empfinden gelassen war, und zwar zu dem Ende, daß ich wissen und behalten möchte, wie die Auferweckung geschieht, so ward ich inne, daß jene Engel zuerst forschten, wohin mein Denken gehe, (ob es gleich sei dem der Sterbenden, die gewöhnlich an das ewige Leben denken), und daß sie mein Gemüt in diesen Gedanken festhalten wollten; nachher wurde [mir] gesagt, daß der Geist des Menschen beim Verscheiden des Körpers so lange in seinem letzten Gedanken festgehalten wird, bis er zu den Gedanken zurückkehrt, die aus derjenigen Neigung hervorgehen, die in der Welt die allgemeine oder herrschende bei ihm gewesen war. Besonders ward [mir] wahrzunehmen und auch zu empfinden gegeben, daß ein Ansichziehen und gleichsam Herausreißen des Inwendigen, des Gebietes meines Gemütes, somit meines Geistes aus dem Körper stattfand, und es ward [mir] gesagt, daß dies vom Herrn kam, und daß daher die Auferstehung komme. -  Himmel und Hölle. Beschrieben nach Gehörtem und Gesehenem von Emanuel Swedenborg

Auferstehung (6)

Posaunenruf erfüllt die Luft,
Und furchtbar schallt es wider;
Die Toten steigen aus der Gruft,
Und schütteln und rütteln die Glieder.

Was Beine hat, das trollt sich fort,
Es wallen die weißen Gestalten
Nach Josaphat, dem Sammelort,
Dort wird Gericht gehalten.

Als Freigraf sitzet Christus dort
In seiner Apostel Kreise.
Sie sind die Schöppen, ihr Spruch und Wort
Ist minniglich und weise.

Sie urteln nicht vermummten Gesichts;
Die Maske läßt jeder fallen
Am hellen Tage des jüngsten Gerichts,
Wenn die Posaunen schallen.

Das ist zu Josaphat im Thal,
Da stehn die geladenen Scharen,
Und weil zu groß der Beklagten Zahl,
Wird hier summarisch verfahren.

Das Böcklein zur Linken, zur Rechten das Schaf,
Geschieden sind sie schnelle;
Der Himmel dem Schäfchen fromm und brav,
Dem geilen Bock die Hölle!

- Heinrich Heine

Auferstehung (7)

Wem sind wir nah? Dem Tode oder dem,
was noch nicht ist? Was wäre Lehm an Lehm,
formte der Gott nicht fühlend die Figur,
die zwischen uns erwächst.     Begreife nur:
das ist mein Körper, welcher aufersteht.
Nun hilf ihm leise aus dem heißen Grabe
in jenen Himmel, den ich in dir habe:
daß kühn aus ihm das Überleben geht.
Du junger Ort der tiefen Himmelfahrt.
Du dunkle Luft voll sommerlicher Pollen.
Wenn ihre tausend Geister in dir tollen,
wird meine steife Leiche wieder zart.

- Rainer Maria Rilke

Auferstehung (8)  Ich will dir verkünden, was den Sündern geschehen wird in den letzten Tagen vor dem Gericht des HERRN: Da werden sich alle versammeln vom Westen bis zum Osten vor meinem Vater, dem ewig Lebendigen, und er wird der Hölle gebieten, daß sie ihre stählernen Riegel öffnet und alles was in ihr ist zurückgibt.

Und den wilden Tieren und den Aasfressern wird er gebieten, daß sie alles Fleisch, das in ihnen ist, zurückgeben, auf daß alle Menschen wieder sichtbar werden. Denn für Gott geht nichts zugrunde und nichts ist ihm unmöglich, da alles sein ist.

Er hat die Welt erschaffen nach seinem Willen und was geschehen ist, war sein Wille, und der wird sich am Tag des Gerichts vollenden. Dann aber wird er wieder die Gebeine ordnen und das Fleisch auf sie setzen und es mit Haut und Haaren bedecken. Und der große Urael wird den Körpern Geist und Seele einhauchen, denn dies ist sein Auftrag bei der Auferstehung der Toten am Tag des Gerichts.  - Offenbarung des Petrus, nach: Die andere Bibel. Hg. Alfred Pfabigan. Frankfurt am Main 1990

Auferstehung (9)    In dem menschlichen Körper ist ein sehr kleines Bein, von den Hebräern Lus genannt, das die Größe einer Erbse hat, keiner Verwesung unterworfen ist und nicht einmal durch Feuer zerstört wird, sondern immer unverletzt bleibt; aus diesem wird, sagen sie, wie die Pflanze aus dem Samen, bei der Auferstehung der Toten unser neues Körper hervorsprossen. Derartige Kräfte lassen sich aber nicht durch die Vernunft ergründen, sondern werden durch die Erfahrung erkannt.  - (nett)

Auferstehung (10)   Man erzählt, die Ägypter hätten ihre Pyramiden nur erbaut, um Grabmäler daraus zu machen, wo ihre von innen und außen gesalbten Leiber warteten, bis am Ende von tausend Jahren ihre Seelen kämen, sie wiederzubeleben. Doch wenn ihre Leiber wiederauferstehen sollten, warum begannen die Balsamierer ihr Werk damit, daß sie jeden Schädel mit einem Haken aufbohrten und die Hirngrütze herauszogen? Der Gedanke, ohne Hirn aufzuerstehen, läßt argwöhnen (wenn man das Wort gebrauchen darf), daß die Ägypter auch zu Lebzeiten keins hatten; doch muß man bedenken, daß die Mehrzahl der Alten glaubte, die Seele wohne in der Brust. - Voltaire, Philosophisches Wörterbuch, nach (vol)

Auferstehung (11)   Wie geschah's doch? Es ist Gott, der die Menschen geschaffen hat. Und da Gott Erbarmen hat, sprach er:

»Ich will nicht, daß die Menschen ganz und gar sterben. Ich will, daß die Menschen, wenn sie gestorben sind, wieder auferstehen.«

Und er schuf die Menschen und brachte sie in ein anderes Gebiet. Er aber blieb daheim. Und er sah das Chamäleon und den Webervogel. Aber als er drei Tage mit dem Chamäleon und dem Webervogel zusammen gewesen war, erkannte er, daß der Webervogel sehr viele Worte macht: Lüge und Wahrheit. Aber der Lügenworte waren viel, und der Wahrheitsworte waren wenig. Und er beobachtete das Chamäleon und erkannte, daß es großen Verstand habe. Es log nicht. Seine Worte waren wahr. Und er sprach zum Chamäleon:

»Chamäleon, geh in jenes Gebiet, wohin ich die Menschen, die ich geschaffen habe, gebracht habe und sage ihnen: Wenn sie gestorben sind, auch wenn sie ganz und gar tot sind, so werden sie doch auferstehen. Ein jeder Mensch wird, wenn er gestorben ist, wieder auferstehen.«

Das Chamäleon sagte:

»Ja, ich will dahin gehen.«

Aber es ging langsam; es ist ja seine Art, langsam zu gehen. Und der Webervogel blieb bei Gott zurück. Aber das Chamäleon ging, und als es angekommen war, sagte es:

»Mir ist gesagt worden, mir ist gesagt worden, mir ist gesagt worden...« aber es sagte nicht, was ihm gesagt worden war.

Und der Webervogel sprach zu Gott:

»Ich will ein wenig beiseite gehen.«

Er sprach zu ihm:

»Geh!«

Doch der Webervogel, er ist ja ein Vogel, flog schnell, kam an, wo das Chamäleon sprach:

»Mir ist gesagt worden...« und wo es zu den Leuten redete. Aber alle Menschen waren dort zusammen gekommen und hörten zu. Als nun der Webervogel angekommen war, sagte er:

»Was ist uns gesagt worden? Uns ist doch gesagt worden, wenn die Menschen tot sind, werden sie vergehen, wie die Wurzeln der Aloe.«

Aber das Chamäleon sagte:

»Uns ist doch gesagt worden, uns ist doqh gesagt worden, und uns ist gesagt worden: Wenn die Menschen tot sind, so werden sie wieder auferstehen.«

Aber die Elster sprach:

»Der erste Spruch ist weise.«

Und sie gingen davon und kehrten zurück. So geschah's. Die Menschen aber sind alt geworden und gestorben, aber stehen nicht wieder auf. - (afr)

Auferstehung (12)  Es war einmal ein armer Müller, der jeden Tag mit seinem Esel eine Straße entlangntt. Eines Tages hat er auf einem Baum einen Mann gesehen, der den Ast, auf dem er saß, absägen wollte. »He, guter Mann«, hat er gesagt, »paßt auf! Wenn dieser Ast runterfliegt, werdet ihr auch runterfliegen!« Der Tölpel wollte das nicht glauben. Und tracch ... ist der Ast abgebrochen und beide, Mann und Ast lagen am Boden. Der Tölpel ist aufgestanden und hat für sich gedacht: »Hol's der Teufel, dieser Müller ist ein Hexenmeister!« Er hat gewartet, bis der Müller wieder vorbeigeritten kam und hat gesagt: »He, Müller, Ihr habt recht gehabt. Ich bin wirklich runtergefallen.   Ihr  seid  ein  rechter Hexenmeister.  Sagt mir doch, wann ich sterben muß.« Der Müller hat zu ihm gesagt: »An dem Tag, an dem der Esel dreimal furzt, werdet ihr tot sein!« - »Oh, ich Ärmster!«

Da hat der Esel laut gefurzt. Und der Tölpel hat gesagt: »Oh, ich Ärmster, jetzt bleiben nur noch zwei!« Sie sind ein Stückchen weitergegangen und auf einmal - noch ein Furz. Und der Tölpel hat gedacht: »Jetzt bleibt nur noch einer!« Mit seinem kleinen Beil hat er einen Keil zurechtgehauen. Den wollte er dem Esel in den Hintern stoßen, aber der ließ den dritten Furz los, viel stärker als die ersten zwei. Der Tölpel war sofort tot.

Man trug ihn weg und legte ihn in einen Sarg. Vier Männer luden den Sarg auf die Schultern und trugen ihn auf den Friedhof. Es gab aber zwei Straßen, und als sie zur Kreuzung kamen) haben die vier gesagt: »Müssen wir hier oder dort durch gehen?« Und der Tölpel im Sarg hat an den Deckel geklopft und gesagt: »Als ich noch lebte, ging ich hier durch!« Da haben die Männer den Sarg stehen lassen und sind davon gerannt. Der Tölpel aber ist herausgeklettert und war auferstanden.   - Märchen aus dem Tessin. Hg. und Übs. Pia Todorovic-Strähl und Ottavio Lurati. Köln 1982  (Diederichs, Märchen der Weltliteratur)

Auferstehung (13)  »All die Jahre«, sagte er, »ist niemand zu mir ins Haus gekommen, und ich habe nie mein Essen mit jemand geteilt. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie man das macht: wie man das Brot bricht. Tun Sie es bitte.«

Sie tat, wie ihr geheißen, und reichte ihm die Hälfte des Laibs.

»Ist das nicht eine schöne Hand?« sagte sie, als er das Brot von ihr entgegennahm. »Die haben sie immer wieder küssen wollen, die armen Irren.«

»Ich mag Menschen nicht anfassen«, sagte er. »Ich mag keine Hände

»Aber wenn ich das Brot mit Euch breche«, sagte sie, »dann muß ich wohl auch das Tischgebet sprechen, wie ich es einmal gehört habe. Es war so: Lieber Gott, hilf uns, daß wir mit fröhlichem Herzen Genüge tun den Wünschen dieses unseres Fleisches, weil du es bestimmt hast zur Wonne der Auferstehung.«

»Das ist doch gelogen«, sagte der Alte. »Es gibt keine Auferstehung des Fleisches. Oder sagen Sie mir erst mal, Gnädige, wie soll das Fleisch wieder auferstehen, das die Fische gefressen haben?«

Pellegrina lächelte ihm zu. »Ich bin ja kein Priester, Niccolo«, sagte sie. »Aber wir wollen einmal annehmen, ich wäre einer. Dann würde ich antworten, daß die Fische in ihrer Stummheit auch fromme Geschöpfe Gottes sind, und unser Fleisch, wenn sie's gefressen haben und es liegt bei ihnen bewahrt, bis der Herr anders darüber bestimmt, mag da auch gut und sicher ruhen.«

Der Alte saß schweigend und kaute an seinen Zwiebeln. »Gesetzt aber«, sagte er unvermittelt, »ein Mensch hat eines anderen] Menschen Fleisch gegessen? Gesetzt, ein übler Kerl, ein junges Früchtchen mit lauter Bosheit im Leib, hat das Fleisch von einem guten und heiligen Mann verzehrt? Und es sind viele Jahre vergangen, so daß es aufgegangen ist in seinem Fleisch? Wie soll es denn da zugehen, daß dieses Fleisch aufersteht?«

»Übel genug, Niccolo«, sagte sie. »Das Leben ist schwer, und überall auf der Welt, weiter als du schaust, passieren böse Dinge. Trotzdem, das eine kann ich dir sagen, der liebe Gott hat Vergnügen an einem guten Spaß, und so ein Dakapo - was heißen will: ein Ding von vorn wieder anfangen - ist ein Lieblingsspaß von ihm. Was er gebraucht hat, in unserem Fall, ist vielleicht ein Seemann, den er ausgerechnet hoch auf einem Berg auf Strand gesetzt hat, so wie den alten Noah, dessen Name denselben Anfangsbuchstaben hat wie deiner. Schade, statt des Ölblatts kann ich dir hier nur ein Lorbeerblättchen geben, ein ganz vertrocknetes. Aber so viel will ich dir sagen, und das ist vielleicht ein Ausgleich, daß sich die Arche da oben auf ihrem Felszack vor Lachen doch wohl geschüttelt hat über das leichte Strandgut von der Sintflut, das unter ihr vor lauter Gewichtlosigkeit immer nur von einem Fleck zum andern trieb.«

»Das war keine Antwort«, sagte er und starrte sie an.  - Tania Blixen, Widerhall. Letzte Erzählungen. München 1968

Auferstehung (14)

"Auferstehung des Fleisches"

- Franz Sedlacek

Auferstehung (15)  wird es die Frau sein, der durstige Engel, der dem Vogel die Kehle aufbeißt und sein Blut aus dem offenen Hals in das Glas gießt, die Nahrung der Toten, das Messer ist nicht für den Vogel, das Gesicht des Mannes hat bis in Augenhöhe die Farbe des Bodens, Stirn und sichtbare Hand, die andre verbirgt der Griff ins Gefieder, sind weiß wie Papier, bei der Arbeit im Freien scheint er Handschuhe zu tragen, warum im Augenblick des Bildes nicht, und etwas wie einen Hut gegen das heiße Gestirn, das die Landschaft bescheint und ihre Farben ausbleicht, was kann seine Arbeit sein, von dem vielleicht täglichen Mord an der vielleicht täglich auferstehenden Frau abgesehn, in dieser Landschaft, Tiere kommen nur als Wolken vor, mit keiner Hand zu greifen, der Vogel im Baum ist die letzte Reserve, ein Lockruf fängt ihn, überflüssig das Gras auszureißen, die SONNE, vielleicht eine Vielzahl von SONNEN, verbrennt es, die Früchte des Vogelbaums sind schnell gepflückt, haben die flatternden Finger des Würgers das Stahlnetz um den flachen Gebirgs-zug gestrickt, aus dem nur eine papierweiße Bergkuppe noch ungeschützt herausragt, Schutz vor dem Steinschlag, der von den Wanderungen der Toten im Erdinnern ausgelöst wird, die der heimliche Pulsschlag des Planeten sind, den das Bild meint, Schutz mit einiger Aussicht auf Dauer vielleicht, wenn das Wachstum der Friedhöfe mit dem kleinen Gewicht des mutmaßlichen Mörders auf der Schwelle, des schnell verdauten Vogels im Baum, für sein Skelett hat die Wand Platz, seine Grenze erreicht hat, oder kehrt die Bewegung sich um, wenn die Toten vollzählig sind, das Gewimmel der Gräber in den Sturm der Auferstehung, der die Schlangen aus dem Berg treibt, ist die Frau mit dem heimlichen Blick und dem Mund wie ein Saugnapf eine MATA HART der Unterwelt, Kundschafterin, die das Gelände sondiert, auf dem das Große Manöver stattfinden soll, das die ausgehungerten Knochen mit Fleisch überzieht, das Fleisch mit Haut, von Adern durchquert, die das Blut aus dem Boden trinken, die Heimkehr der Eingeweide aus dem Nichts, oder ist der Engel hohl unter dem Kleid, weil die schrumpfende Fleischbank unter dem Boden mehr Körper nicht hergibt, ein BÖSER FINGER, der von den Toten in den Wind gehalten wird gegen die Polizei des Himmels, Vorläuferin und WINDSBRAUT, die den natürlichen Feinden der Auferstehung im Fleisch den Wind ausspannt, den sie bewohnen, er weht als Sturm in die Falle, der Pfeil der Gardine zeigt auf die Frau, auch der Mörder vielleicht nur ein Toter im Dienst, die Vernichtung der Vögel sein (geheimer) Auftrag, der lässige Tanzschritt zeigt das baldige Ende der Arbeit an, vielleicht ist die Frau schon auf dem Rückweg in den Boden, schwanger von Sturm, dem Samen der Wiedergeburt aus der Explosion der Gebeine, Knochen und Splitter und Mark, der Vorrat an Wind markiert den Abstand der Teile, aus denen vielleicht, wenn nach der Umsiedlung der Atemluft das Erdbeben sie durch die Haut des Planeten sprengt, DAS GANZE sich zusammensetzt, die Begattung des Sterns durch seine Toten, das erste Signal die Wolken mit dem Drahtskelett, das in Wahrheit aus Nerven besteht, die den Knochen voraufgehn, bzw. aus Spinngeweben von Knochenmark, wie das Geflecht ohne sichtbare Wurzeln, das den Bungalow hinaufkriecht und den Innenraum schon bis an die Decke besetzt hat, oder das Drahtgewirr der Stühle, oder das Netz, das den Gebirgszug an den Boden nagelt, oder alles ist anders, das Stahlnetz die Laune eines nachlässigen Malstifts, der dem Gebirge die Plastik verweigert mit einer schlecht ausgeführten Schraffur, vielleicht folgt die Willkür der Komposition einem Plan, steht der Baum auf einem Tablett, die Wurzeln abgeschnitten, sind die andersartigen Bäume im Hintergrund besonders langstielige Pilze, Gewächs einer Klimazone, die Bäume nicht kennt, wie kommt der Betonklotz in die Landschaft, keine Spur von Transport oder Fahrzeug, ICH HABE DIR GESAGT DU SOLLST NICHT WIEDERKOMMEN TOT IST TOT  - Heiner Müller, Bildbeschreibung. In: H. M., Shakespeare Factory 1. Berlin 1985

Auferstehung (16)   Im Geist sah sie die wechselnde Richtung der Wellen, die in Robins Stirne fielen und zurück zur niedrigen Krone, um von hier auswärts gerollt in den Nacken zu fallen, unter den flachen unge-rundeten Hinterkopf, der von einem furchtbaren Schweigen sprach. Halb betäubt von den Geräuschen und von dem Wissen, daß dies den Ausgang vorbereite, sprach Nora zu sich: ›Wenn wir auferstehen, wenn wir heraufkommen und rücklings aufeinanderblicken, werde ich allein dich aus all den anderen erkennen. Mein Ohr wird sich wenden in der Höhle meines Kopfes, meine Augäpfel sich lockern, dort wo ich als Wirbelwind um dich wehe, um dich, die einkassierte Zahlung; und mein Fuß wird hart auf deinem Grabe stehen, auf dem Rund aufgeworfener Erde, das du hinterläßt.‹ Robin stand in der Tür. »Du brauchst nicht auf mich zu warten«, sagte sie.   - Djuna Barnes, Nachtgewächs. Frankfurt am Main 1981 (zuerst 1936)

Auferstehung (17)  MOchte aber jemand sagen / Wie werden die Todten aufferstehen ? vnd mit welcherley Leibe werden sie komen? Du Narr / das du seest / wird nicht lebendig / es sterbe denn. Vnd das du seest / ist ja nicht der Leib / der werden sol / Sondern ein blos Korn / nemlich / Weitzen oder der andern eines. Gott aber gibt jm einen Leib / wie er wil / vnd einem jglichen von dem Samen seinen eigen Leib.

NIcht ist alles Fleisch einerley fleisch / Sondern ein ander fleisch ist der Menschen / ein anders des Viehs / ein anders der Fische / ein anders der Vogel. Vnd es sind himlische Cörper vnd jrdische Cörper. Aber eine ander Herrligkeit haben die Himlischen / vnd eine ander die Jrdischen. Ein ander klarheit hat die Sonne / ein ander klarheit hat der Mond / ein ander klarheit haben die Sterne / Denn ein Stern vbertrifft den andern / nach der klarheit. Also auch die aufferstehung der Todten.

ES wird geseet verweslich / Vnd wird aufferstehen vnuerweslich. Es wird geseet in vnehre / Vnd wird aufferstehen in herrligkeit. Es wird geseet in schwacheit / vnd wird aufferstehen in krafft. Es wird geseet ein natürlicher Leib / Vnd wird aufferstehen ein geistlicher Leib. Hat man einen natürlichen Leib / so hat man auch einen geistlichen Leib / Wie es geschrieben stehet / DER ERSTE MENSCH ADAM IST GEMACHT INS NATÜRLICHE LEBEN / VND DER LETZTE ADAM INS GEISTLICHE LEBEN. Aber der geistliche Leib ist nicht der erste / Sondern der natürliche / darnach der geistliche. Der erste Mensch ist von der erden vnd jrdisch / Der ander Mensch ist der HErr vom Himel. Welcherley der irdische ist / solcherley sind auch die Jrdischen / Vnd welcherley der Himlische ist / Solcherley sind auch die himlischen.  Vnd wie wir getragen haben das Bilde des Jrdischen / Also werden wir auch tragen das Bilde des Himlischen. Dauon sage ich aber / lieben Brüder / Das fleisch vnd blut nicht können das reich Gottes ererben / Auch wird das verwesliche nicht erben das vnuerwesliche,

SJhe / Jch sage euch ein Geheimnis. Wir werden nicht alle entschlaffen / Wir werden aber alle verwandelt werden / vnd dasselb plötzlich in einem Augenblick / zur zeit der letzten Posaunen. Denn es wird die Posaune schallen / vnd die Todten werden aufferstehen vnuerweslich / Vnd wir werden verwandelt werden. Denn dis verwesliche mus anziehen das vnuerwesliche / vnd dis sterbliche mus anziehen die vnsterblichkeit.

WEnn aber dis verwesliche wird anziehen das vnuerwesliche / vnd dis sterbliche wird anziehen die vnsterblichkeit / Denn wird erfüllet werden das wort / das geschrieben stehet / DER TOD IST VERSCHLUNGEN IN DEM SlEG. TOD / WO IST DEINE STACHEL? HELLE / wo IST DEIN SIEG? AfiER DER STACHEL DES TODTES IST DIE SÜNDE. DIE KRAFFT ABER DER SÜNDE IST DAS GESETZ. - Erster Brief an die Korinther, nach (lut)


Wiedergeburt

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