Archimedes   »Wir bekommen so wenig Besuch«, erklärte der Zauberer und wischte sich den Kopf mit einer abgetragenen Pyjama-Hälfte, die er zu diesem Zweck bereithielt, »daß Archimedes sich vor Fremden ein wenig fürchtet. Komm, Archimedes, hier ist ein Freund von mir; er heißt Wart.«

Dabei streckte er seine Hand der Eule entgegen, die wie eine Gans über den Rücken des Corkindrill gewatschelt kam — sie watschelte gestelzt, um ihren Schwanz vor Schaden zu bewahren — und mit allen Anzeichen des Widerstrebens auf Merlins Finger hüpfte.

»Halt mal deinen Finger hoch und leg ihn hinter ihre Beine. Nein, unters Gefieder.«

Als Wart dies getan hatte, bewegte Merlin die Eule behutsam nach hinten, bis ihre Läufe an Warts Finger stießen, so daß sie entweder rückwärts auf den Finger steigen mußte oder das Gleichgewicht verlor. Sie trat auf den Finger. Wart war entzückt und stand still, während sich die befiederten Zehen um seinen Finger schlössen und die scharfen Krallen ihn in die Haut stachen.

»Sag mal ordentlich Guten Tag«, sagte Merlin.

»Ich will nicht«, sagte Archimedes, blickte fort und hielt sich fest.

»Wirklich ein hübscher Kerl«, sagte Wart. »Habt Ihr ihn schon lange?«

»Archimedes ist bei mir, seit er klein war, ja, seit er ein winziges Köpfchen hatte wie ein Küken.«

»Ich wollt', er würd' was zu mir sagen.«

»Vielleicht wird er zutraulicher, wenn du ihm diese Maus hier gibst, aber ganz zart.«

Merlin holte eine tote Maus aus seinem Käppchen — »Die verwahre ich immer hier, auch Würmer zum Angeln; ich finde es sehr bequem« — und überreichte sie Wart, der sie etwas zimperlich Archimedes hinhielt. Der gekrümmte Schnabel sah aus, als könne er Unheil anrichten, doch Archimedes beäugte die Maus, warf Wart einen Blinzelblick zu, bewegte sich auf dem Finger näher heran, schloß die Augen und beugte sich vor. So stand er da, mit geschlossenen Augen und einem Ausdruck des Entzückens auf dem Gesicht, als spreche er das Tischgebet, und dann nahm er — mit einer absurden seitlichen Knabber-Bewegung — den Happen so sanft an, daß er nicht einmal eine Seifenblase zum Platzen gebracht hätte. Mit geschlossenen Augen blieb er vorgebeugt sitzen; die Maus hing ihm im Schnabel, als wisse er nicht, was er mit ihr anfangen solle. Dann hob er den rechten Fang — er war Rechtshänder, obgleich behauptet wird, daß das nur bei Menschen vorkomme — und packte die Maus. Er hielt sie hoch, wie ein Junge einen Stock oder einen Stein hält oder ein Konstabler seinen Gummiknüppel, beäugte sie, knabberte an ihrem Schwanz. Er drehte sie herum, so daß der Kopf vorne war, denn Wart hatte sie falsch herum offeriert, und machte einen Schluck. Er blickte die Zuschauer der Reihe nach an, wobei ihm der Schwanz aus dem Mundwinkel hing — als wolle er sagen: >Ich wünsche, ihr würdet mich nicht so anstarren< —, drehte seinen Kopf zur Seite, schluckte höflich den Mäuseschwanz, kratzte sich den Seemannsbart mit der linken Zehe und fing an, sich das Gefieder auszuschütteln.

»Laß ihn in Ruhe«, sagte Merlin. »Vielleicht will er erst Freundschaft mit dir schließen, wenn er dich genauer kennt. Bei Eulen geht das nicht so haste-was-kannste.«   - T. H. White, Der König auf Camelot. Stuttgart 1978

Weiser Natuurforscher

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