Daß ihrer Listen kein End, gibt die Frau vom Phasis betrüglich
Zwist mit dem Gatten vor und flieht zu des Pelias Schwelle,
flehend um Schutz. Und da ihn selbst das Alter beschwerte, nahmen
die Töchter sie auf. Die hatte die schlaue Barbarin,
Freundschaft in böser Absicht erheuchelnd, bald sich gewonnen.
Da sie als größten von all ihren Diensten nannte, sie habe Aeson
vom Alter befreit, und lang bei der Sache verweilte, kam den
Peliastochtern allmählich die Hoffnung, es könne auch i h r
Vater durch ähnliche Kunst sich lassen verjüngen. Und sie bitten
und heißen jedweden Preis sie verlangen. Jene schwieg eine kleine
Frist und schien zu bedenken, hielt die Bittenden hin von des
Werkes Schwierigkeit fabelnd. Dann, als sie doch es versprochen,
erklärt sie: „Damit euer Zutraun größer zu meinem Geschenk:
Der am höchsten betagt ist bei euren Schafen als Führer der
Schar, soll ein Lamm durch den Zauber euch werden." Gleich
wird herbeigeschleppt ein Widder, dem rings um die hohlen Schläfen
die Hörner sich winden, den zahllose Jahre entkräftet. Als die
Giftmischerin mit thessalischem Dolch seine faltge Kehle durchbohrt
und das Eisen mit wenigem Blute befleckt hat, bringt sie des
Tieres Leib zugleich mit den wirkenden, starken Säften in ehern
Gefäß. — Und, sieh! sie verkleinern die Glieder, ätzen die Hörner
hinweg, mit den Hörnern nicht minder die Jahre. Und ein zartes
Blöken erklingt aus dem Innern des Kessels. Flink, dieweil ob
desBlökens sie staunen, entspringt ihm ein Böckchen, flieht
in lustigen Sprüngen und sucht sich ein tränkendes Euter.
Staunend stehn die Töchter des Pelias. Da das Versprochne glaublich
erwiesen, drängen sie jetzt erst recht auf Erfüllung. Dreimal
hat Phoebus das Joch den ins Meer des Westens getauchten Rossen
genommen, es funkeln die strahlenden Sterne der vierten Nacht,
da stellt voll Trug des Aeetes Tochter auf zehrend Feuer in
reinem Wasser der Wirkung ermangelnde Kräuter. Schlaf, dem Tode
gleich die Glieder lösend, umfing den König schon und umfing
mit dem König zugleich seine Wächter, Schlaf, den Lieder gewirkt
und die zaubrische Macht ihrer Zunge. Als die Töchter mit ihr,
wie geheißen, ins Zimmer getreten, rings um das Lager gegangen,
begann sie: „Was zaudert ihr jetzt, ihr Trägen? Die Schwerter
gezückt! Laßt aus das verbrauchte ihm fließen, daß ich mit jungem
Blut die leeren Adern erfülle. Liegt doch in eueren Händen die
Lebensdauer des Vaters. Ist er irgend euch wert und spielt ihr
nicht eitel mit Hoffnung, tut dem Erzeuger den Dienst, mit den
Waffen treibt ihm das Alter aus und macht mit dem Schwert die
verdorbenen Säfte entweichen!"
Unfromm zuerst wird gerade die Frömmste bei solcher Ermahnung;
frevelhaft nicht zu sein, begeht sie den Frevel. Doch keine
trägt es, zu sehn, wie sie trifft; — sie richten zur Seite die
Blicke, abgewandt schlagen sie blind mit wilden Händen die Wunden.
Pelias, schwimmend im Blut, stemmt hoch seinen Leib auf dem
Lager, halberschlagen sucht er, vom Bett sich zu heben, und
mitten zwischen sovielen Schwertern die bleichen Arme erhebend,
ruft er: „Was tut ihr, o Töchter? Was waffnet euch gegen des
Vaters Leben?" und ihnen sinkt der Mut und sinken die Hände.
Ehe er mehr noch sprach, schnitt Kehle und Wort ihm Medea ab
und warf seinen Leih zerstückt in das kochende Wasser.
Hätten die Flügel der Schlangen sie nicht in die Lüfte erhoben,
wäre der Strafe sie nicht entgangen.
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