priltag    »Ein herrlicher Apriltag, der Himmel lacht über den Sumpfwäldern, man ist stark und unbeugsam, dreißig Jahre und drei Tage. Es ist der zweite Tag an der Front. Man sitzt mit ein paar Kameraden schnapsend vor seinem Bunker, um einen krachen die Böller, und wenn man nicht genau hinsieht, dann hält man die Leichen, die es über die Erdhügel geworfen hat, für Sommerkleider, die zum Auslüften ins Freie gebracht wurden. Ein Summen geht von der Sonne aus, es ist wie heute. Aus den Schützengräben steigt leicht gekräuselter, duftender Zigarettenrauch auf, und die zu Pyramiden angeordneten Gewehre blitzen im Licht, daß man vor Freude ein Rad schlagen möchte. - Gleich wird einer einen Witz reißen! Und da geschieht's auch schon: Neben dir geht eine Granate nieder und reißt dir den Bauch auf - greif her!« sagte der Wasenmeister und führte meine kraftlose Hand an seine Seite, wo ich unter dem Stoff die runde, metallharte Muffe eines künstlichen Ausgangs spürte. Ich fuhr mit der Hand zurück. Ein heftiges Ekelgefühl überkam mich, so daß ich aufstand und mich wieder setzte. - »Sehen Sie«, sagte Jel Idézö, »alle außer mir waren tot. - Und selbst heute noch ertappe ich mich manchmal bei der Vorstellung, daß plötzlich einer, mit dem ich gerade zusammensitze und rede, grundlos vor mir in die Luft aufsteigt und davonschwebt. So tief hat sich mir dieses Erlebnis eingeprägt. - Ich hatte gerade den Kameraden von zuhause erzählt. Ich fing einen Satz an, und als ich wieder aufsah, lag ich am Boden und spürte, wie leicht das Leben durch ein Loch in mir ausfloß. Ich redete einfach weiter.«   - Klaus Hoffer, Bei den Bieresch. Frankfurt am Main  1986 (zuerst 1979/1983)
 
 

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