Anwaltskanzlei  Die Minervastraße 33 a in Zürich war eine alte tannenumstellte, baufällige Villa, die den Anschein machte, jeden Augenblick in sich zusammenzufallen. Das Monokel des Reichsgrafen blitzte gefährlich. Ein rothaariger Jüngling öffnete. Der Reichsgraf sah sich unvermutet in einem halb aus den Fugen geratenen getäfelten Zimmer drei Rechtsanwälten gegenüber, jeder zeusköpfig, nur durch die Haarfarbe zu unterscheiden, rot, grau, schlohweiß, die sich als Raphael, Raphael und Raphael vorstellten. Der jüngste lispelte, der mittlere war heiser, und der älteste fingerte an seinem Hörapparat herum, der unaufhörlich pfiff. Der Reichsgraf setzte sich. Der Lispelnde eröffnete die Sitzung. Er dankte dem Reichsgrafen. Sein dem Gewährsmann ihres Kunden in New York übergebener Goya habe sich als echt herausgestellt und sei soeben bei Christie's für zwölf Millionen Dollar versteigert worden. Dann meinte der zweite mit krächzender Stimme, von Kücksen sei durch diese Meisterfälschung ordentliches Mitglied des ersten - ehem - Syndikats der Vereinigten Staaten geworden, dessen Befehlen, übermittelt von Raphael, Raphael und Raphael, er, der Reichsgraf, keine Widerstände entgegenzusetzen habe. Darauf flüsterte der älteste, kaum verständlich, weil sein Gebiß ihm Mühe bereitete, von Kücksen könne jetzt gehen.   - Friedrich Dürrenmatt, Durcheinandertal. Zürich 1998
 
 

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