nsteckung
Gerüche von Weihrauch und Fäulnis
mischten sich zu einem ekelerregenden Zusammenklang, und die schwarze Luft war
mit der nebelhaften, halb sichtbaren Masse formloser Elementargeister mit Augen
belebt. Irgendwo schwappte dunkles, klebriges Wasser gegen einen Pier aus Onyxmarmor,
und einmal erklang das zitternde Klingeln heiserer Glöckchen,
um das Wahnsinnskichern eines nackten, phosphoreszierenden
Geschöpfes zu begrüßen, das schwimmend auftauchte, ans Ufer kletterte und ein
goldenes Piedestal im Hintergrund erklomm, auf dem es höhnisch grinsend saß.
Breite Strahlen unendlicher Nacht schienen nach allen Seiten abzuzweigen, bis
man sich hätte vorstellen können, daß hier die Wurzel der Ansteckung lag, dazu
bestimmt, Städte krank zu machen und zu verschlingen und ganze Völker mit dem
Gestank der Mischlingspest zu umgeben. Hier ist die allumfassende Sünde eingeflossen
und hat, zerfressen von unheiligen Riten, ihren grinsenden Todesmarsch begonnen,
die uns alle zu schwammartigen Abnormitäten verrotten lassen wird, die zu schrecklich
sind, als daß das Grab sie halten könnte. Hier hielt Satan
hof, wie in Babylon, und im Blut fleckenloser Kindheit wurden die aussätzigen
Glieder Liliths gebadet. Incubi und Succubae heulen Hekate Lob, und kopflose
Mondkälber blöken die große Mutter an. Ziegen hüpften
beim Klang dünner, verfluchter Flöten und Aegypane jagten mißgestaltete Faune
über Felsen, verformt wie geschwollene Kröten. Moloch
und Ashtaroth fehlten nicht; denn in dieser Quintessenz
der Verdammung sind die Bewußtseinsgrenzen aufgehoben, und der menschlichen
Einbildungskraft liegen Ausblicke auf jedes Reich des Schreckens und jeder verbotenen
Dimension offen, die das Üble zu formen vermag. Welt und Natur waren hilflos
gegen solche Angriffe aus den aufgebrochenen Brunnen der Nacht. - Aus:
H.P. Lovecraft, Stadt ohne Namen. Frankfurt am Main 1997 (st 2756, Phantastische
Bibliothek 346)
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