nmaßung  Von der Unzerstörbarkeit unsers wahren Wesens durch den Tod werden wir so lange falsche Begriffe haben, als wir uns nicht entschließen, sie zuvörderst an den Thieren zu studiren, sondern eine aparte Art derselben, unter dem prahlerischen Namen der Unsterblichkeit, uns allein anmaaßen. Diese Anmaaßung aber und die Beschränktheit der Ansicht, aus der sie hervorgeht, ist es ganz allein, weswegen die meisten Menschen sich so hartnäckig dagegen sträuben, die am Tage liegende Wahrheit anzuerkennen, daß wir, dem Wesentlichen nach und in der Hauptsache, das Selbe sind wie die Thiere; ja, daß sie vor jeder Andeutung unserer Verwandtschaft mit diesen zurückbeben. Diese Verleugnung der Wahrheit aber ist es, welche mehr als alles Andere ihnen den Weg versperrt zur wirklichen Erkennt-niß der Unzerstörbarkeit unsers Wesens. Denn wenn man etwas auf einem falschen Wege sucht; so hat man eben deshalb den rechten verlassen und wird auf jenem am Ende nie etwas Anderes erreichen, als späte Enttäuschung. Also frisch weg, nicht nach vorgefaßten Grillen, sondern an der Hand der Natur, die Wahrheit verfolgt! Zuvörderst lerne man beim Anblick jedes jungen Thieres das nie alternde Daseyn der Gattung erkennen, welche, als einen Abglanz ihrer ewigen Jugend, jedem neuen Individuo eine zeitliche schenkt, und es auftreten läßt, so neu, so frisch, als wäre die Welt von heute. Man frage sich ehrlich, ob die Schwalbe des heurigen Frühlings eine ganz und gar andere, als die des ersten sei, und ob wirklich zwischen beiden das Wunder der Schöpfung aus Nichts sich Millionen Mal erneuert habe, um eben so oft absoluter Vernichtung in die Hände zu arbeiten. - Ich weiß wohl, daß, wenn ich Einen ernsthaft versicherte, die Katze, welche eben jetzt auf dem Hofe spielt, sei noch die selbe, welche dort vor dreihundert Jahren die nämlichen Sprünge und Schliche gemacht hat, er mich für toll halten würde: aber ich weiß auch, daß es sehr viel toller ist, zu glauben, die heutige Katze sei durch und durch und von Grund aus eine ganz andere, als jene vor dreihundert Jahren.  - (wv)

Anmaßung (2)  ist ein gespielter und erheuchelter Stolz; dem Stolze aber ist gerade eigentümlich, daß er kein Spiel, keine Verstellung und Heuchelei kann und mag, — insofern ist die Anmaßung, die Heuchelei der Unfähigkeit zur Heuchelei etwas sehr Schweres und meist Mißlingendes. Gesetzt aber, daß er sich, wie gewöhnlich geschieht, dabei verrät, so erwartet den Anmaßenden eine dreifache Unannehmlichkeit: man zürnt ihm, weil er uns betrügen will, und zürnt ihm, weil er sich über uns hat erhaben zeigen wollen, — und zuletzt lacht man noch über ihn, weil ihm beides mißraten ist.  - (mo)
 
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