narch Die positive Entsprechung des Anarchisten ist der Anarch. Dieser ist nicht der Gegenspieler des Monarchen, sondern der am weitesten von ihm Entfernte, der von ihm Unberührte, wenngleich gefährlich auch er. Er ist nicht der Gegner des Monarchen, sondern sein Pendant.
Der Monarch will viele, ja alle beherrschen; der Anarch nur sich allein.
Das gibt ihm ein objektives, auch skeptisches Verhältnis zur Macht, deren
Figuren er an sich vorüberziehen läßt. - Ernst Jünger, Eumeswil. Stuttgart
1977
Anarch (2) Mir fiel das Axiom eines Angelsachsen über die Gleichheit der Menschen auf. Er sucht sie nicht in der stets wechselnden Verteilung von Macht und Mitteln, sondern in der Konstante: daß jeder jeden töten kann.
Das ist ein Gemeinplatz, allerdings auf eine frappierende Formel gebracht.
Die Möglichkeit, den anderen töten zu können, gehört zum Potential des
Anarchen, den jeder in sich herumträgt, nur wird sie ihm selten bewußt,
Sie schlummert immer im Untergrunde, selbst wenn zwei sich auf der Straße
grüßen oder einander ausweichen. - Ernst Jünger, Eumeswil. Stuttgart
1977
Anarch (3)
Anarch (4)
Anarch (5) Der Anarch hat sein Ethos, aber nicht Moral. Er erkennt das Recht, doch nicht das Gesetz an; er verachtet die Vorschriften. Wo das Ethos sich auf Vorschriften und Gebote einläßt, ist es schon korrumpiert. Wohl aber kann es mit ihnen harmonieren, je nach Ort und Umständen, für längere oder kürzere Zeit, wie ich hier mit dem Tyrannen, so lange es mir gefällt.
Ein Denkfehler der Anarchisten liegt darin,
daß sie den Menschen von Natur aus für gut halten. Sie kastrieren damit
die Gesellschaft, ähnlich wie die Theologen (»Gott
ist das Gute«) den Lieben Gott. - Ernst Jünger, Eumeswil. Stuttgart
1977
Anarch (6)
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