llgegenwart
 

Mein Herz, mein Auge schlossen einen Bund,
Einander zu erleichtern das Geschick,
Sobald mein Herz von Liebesleiden wund,
Sobald mein Auge lechzt nach einem Blick.

Wenn nun das Aug sich labt an deinem Bild,
Lädt es das Herz zu dem gemalten Mahl,
Und ist das Herz von deinem Glanz erfüllt,
Gönnt es dem Auge deinen lichten Strahl.

So bist du stets in Aug und Herzen drin,
Und gehst du noch so weit, du bleibst bei mir,
Du kannst nicht weiter ziehen als mein Sinn,
Mein Sinn bin ich, und er geht stets mit dir.

Und wenn er schläft, ruft ihn dein Bild zurück
Und weckt das Herz, das Aug zu neuem Glück.

 - Shakespeare (Übs. Therese Robinson)

Allgegenwart (2)  Monsieur Traum entdeckt mit Betroffenheit und Bestürzung, daß er nie dort ist, wo er sich befindet.

Er schreibt an seine Nichte weißt du, zum Beispiel kann ich in diesem Augenblick mit dir zusammen in unserm kleinen Garten am Meer sein, obwohl ich hier an meinem Tisch sitze, oder den Gemüsegarten sprengen... Diese Fähigkeit kann soweit gehen, daß sie mir Schwindel verursacht. Sie könnte sublimiert werden, verwandelt in eine außergewöhnliche Gabe, die Kunst der Allgegenwart, doch dazu müßte ich ein großer Mystiker sein, das heißt gelöst von den Dingen dieser Welt. Aber du weißt, daß das nicht der Fall ist, denn die geringste Mißlichkeit wirft mich um. - (rp2)

Allgegenwart (3)   Tempel und Heiligtümer überall; viele tausend Götter werden hier angebetet, neben den Wassern, den Bäumen, den Steinen und Tieren. Zahlreicher aber als alle, überall aus dem Boden wachsend, wohin nur der Blick fällt: der Lingam, das steinerne Glied Schiwas, des Schreckliehen. Denn  er ist der große Herr über alle, er ist der Herr von Benares. —

Der schwarze unförmige Phallusstein wächst in den Tempeln, auf den Ghats an der Ganga, wächst auf den Plätzen, in den Höfen und den Häusern. Fromme Frauen knien vor ihm, bespritzen ihn mit geschmolzener Butter und streuen ihm weiße Tempelblumen. Yogin drängen sich herum, abgemagert, nur Haut und Knochen, mit wilden, stechenden, wahnsinnigen Blicken. Hellfarbige Brahmanen schreiten stolz vorbei, die weiße Wollschnur über der linken Schulter; sie verachten das Volk, das sie haßt und dennoch wie Heilige verehrt, und sie verachten den Europäer nicht weniger, den sie dennoch auf Schritt und Tritt um ein paar Kupferstücke anbetteln. - Hanns Heinz Ewers, Indien und Ich. München 1918 (zuerst 1911)

 

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