gitator Volksbequatscher, quasselnder Faulpelz, versklavter Gewaltschwindler, Geschäftsreisender für Volksverräterei, Einpeitscher, Wortprügler, Auseinandertreiber, Geselle im Volksspaltereigewerbe. Staatsverbrecherlehrling  (s. quasseln) - (se)

Agitator (2) Unter den zahlreichen Gästen des demokratischen Vereins, den ich sogleich nach meiner Ankunft besuchte, fiel mir besonders der viel genannte russische Agitator Michael Bakunin, einer der Vorläufer des modernen Nihilismus, ebensosehr durch seine herkulische Gestalt, wie durch seine revolutionäre Beredsamkeit auf. Er war nach dem mißglückten Slaven-Kongreß und dem darauf folgenden, von dem Fürsten Windischgrätz unterdrückten czechischen Aufstand in Prag nach Breslau geflüchtet, wo er durch seine kühne Sprache und extreme Richtung großes Aufsehen erregte. Wie einst Danton, an den der riesige Bakunin in seinem Wesen und seinem Cynismus mich unwillkürlich erinnerte, war auch er entschlossen, seine Pläne mit blutiger Hand durchzusetzen und selbst die Köpfe seiner besten Freunde nicht zu schonen, wenn sie ihm im Wege ständen. So sagte er eines Tages im vollen Ernst zu dem damals gleichfalls in Breslau verweilenden und mit ihm wegen seiner radikalen Anschauungen streitenden Berthold Auerbach mit der ihm eigenen sanft einschmeichelnden Stimme und halb cynischem, halb freundlichem Lächeln in meiner Gegenwart: »Wenn wir siegen, lieber Auerbach, so lasse ich Sie, so leid es mir auch thun würde, ohne Barmherzigkeit hängen«, worauf ihm der kleine untersetzte Auerbach gemütlich erwiderte: »Wenn Sie nicht vorher in ein Irrenhaus eingesperrt werden.«  - Max Ring, in: Unterhaltungen mit Bakunin. Hg. Arthur Lehning. Nördlingen 1987

Agitator (3)

- Conrad Felixmüller

Agitator (4)

Hände aus den Taschen, ihr müßigen Schlenderer!
Greift nach Steinen, Messern oder Bomben behende!
Und fehlen einem von euch die Hände,
so mag er den Schädel als Rammbock verwenden!

Los, ihr Hungrigen,
Schwitzenden,
Zagen,
ihr im lausigen Dreck Verkümmernden I
Wir bestreichen mit Blut
die Wochentage,
damit sie wie Feste schimmern I

Die Erde soll
unter den Messern
derer gedenken, die sie entweihen gewollt,
die Erde,
fett wie Rothschilds verbrauchte Maitresse!l

Fahnen sollen im Fieber der Salven wehen
wie an jedem ordentlichen Festtag!

Laternenpfähle, hißt höher, noch höher
die blutigen Kadaver der Gefräßigen und Betreßten!

Ich fluche,
ich flehe,
ich streue den Tod,
ich verfolge,
beiß mich in die Flanken hinein.

Am Himmel zittert marseillaisenrot
der verendenden Sonne Schein.
Die Zunge des Regens schleckt der Passanten Gesichter.
Dicke Athleten kommen in schicken Kaleschen vorbeigetrabt.
Platzende Menschen,
mit Fett und Schnaps vollgetrichtert,
fließen wie öl,
mit zerkautem Brot
und alten Koteletts durchschichtet,
in trüben Strömen
die rollenden Kutschen herab.

Ich kriech aus dem Straßengraben hervor,
schmutzig von Schlamm und Kot,
beug mich herab und sag ihm ins Ohr:

Hören Sie mal, Herr Gott!
Ist es nicht öde, so ohne Ende
Ihr schwammiges Auge in Wolkengelee zu stippen?
Ein Vorschlag: Wir machen aus dem Baum der Erkenntnis
von Gut und Böse eine Kinderwippe l
Du bist überall, Gott, in jedem Schrank.
Wir bestellen die Tafel mit kräftigen Weinen.
Selbst Petrus verspürt nach dem feurigen Trank
Lust zum Tanz in den alten Beinen.
Wir besiedeln mit Evchen den Garten Eden -
wenn du willst,
ich besorge für dich heute nacht
die schönsten
von allen Boulevardmädeln.

Du willst nicht?

Das hab ich mir gleich gedacht l
Ich sehe,
wie du deine Locken schüttelst
und die eisgrauen Brauen zusammenziehst.
Meinst du,
daß jener geflügelte Büttel
über die Liebe
im Bilde ist?

Auch ich bin ein Engel; ich war es vielmehr.
Ein Schäfchen, zuckrig und entzückend.
Nun habe ich endlich damit aufgehört,
die Stuten mit Sèvres-Porzellan zu berücken.

Allmächtiger,
du dachtest zwei Hände aus
und versahst mit dem Kopf
des Leibes Gerüst -
warum machtest du nicht,
daß man ohne Graus
küßt, küßt, küßt?

Ich glaubte an deine Größe und Kraft,
du durchgefallenes Gottchen! Siehe,
ich bück mich und ziehe
das Schustermesser
aus dem Stiefelschaft.

Ihr geflügelten Strolche,
sträubt eure Federn l
Bemalt mit Grimassen der Furche eure Masken!
Und dir, dem Durchweihrauchten, Spalt ich den Schädel
von hier bis Alaska!

Loslassen!

Ihr könnt
mich nicht halten. Auch wenn ich gelogen,
ich bin nicht mehr fähig,
Ruhe zu schöpfen.

Die Sterne besudein
den Himmelsbogen
mit dem Blut der Geschlachteten und Geköpften.

He, du  Himmei!
Lüfte den Hut!
Ich komme!
Schweigende, dumpfe Kälte.

Sein Riesenohr auf den Pfoten, ruht
das mit Sternenmilben bespickte Weltall.

- Wladimir Majakowski, aus: Wolke in Hosen, nach (mus)

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