Affekte     Fourier unterscheidet 12 ursprüngliche Affekte. Die fünf ersten sind die Sinneseindrücke, deren erste Organe unsere Sinne sind.
4 andere: Liebe, Freundschaft, Ehrgeiz, Familiensinn;
3 weitere: Schmetterlingstrieb, Streitsucht, Leidenschaft der Begeisterung.

Der Schmetterlingstrieb ist das Bedürfnis nach periodischer Abwechslung. Er macht sich in gemäßigter Form von Stunde zu Stunde und in heftiger alle zwei Stunden bemerkbar. Er ist ein Bedürfnis der Seelen und der Körper. Die Rassen haben ein Bedürfnis nach Kreuzung, die Böden nach Abwechslung des Saatgutes.

Die Streitsucht und die Leidenschaft der Begeisterung sind gegensätzlich. Die erste ist ein spekulativer und reflektierter Überschwang. Die Zweite ist ein blinder Überschwang, eine Art Trunkenheit, wie sie aus der Bündelung mehrerer Wonnen der Sinne und der Seele entsteht, die gleichzeitig empfunden werden.

Die Streitsucht oder der Parteigeist braucht Intrigen und schafft sich, mangels wirklicher, auch künstliche, Spiel, Theater, Roman. Die Leidenschaft der Begeisterung bringt den Enthusiasmus oder den blinden Überschwang in den Arbeiten hervor, im Gegensatz zum reflektierten Überschwang der Streitsucht.    - Flaubert, Notizen zu (sot)

Affekte (2)    Der Affekt ist Überraschung durch Empfindung, wodurch die Fassung des Gemüts (animus sui compos) aufgehoben wird. Er ist also übereilt, d. i. er wächst geschwinde zu einem Grade des Gefühls, der die Überlegung unmöglich macht (ist unbesonnen). - Die Affektlosigkeit, ohne Verminderung der Stärke der Triebfedern zum Handeln, ist5 das Phlegma im guten Verstande: eine Eigenschaft des wackeren Mannes (animi strenui), sich durch jener ihre Stärke nicht aus der ruhigen Überlegung bringen zu lassen. Was der Affekt des Zorns nicht in der Geschwindigkeit tut, das tut er gar nicht; und er vergißt leicht. Die Leidenschaft des Hasses aber nimmt sich Zeit, um sich tief einzuwurzeln und es seinem Gegner zu denken. - Ein Vater, ein Schulmeister können nicht strafen, wenn sie die Abbitte (nicht die Rechtfertigung) anzuhören nur die Geduld gehabt haben. - Nötigt einen, der im Zorn zu euch ins Zimmer tritt, um euch in heftiger Entrüstung harte Worte zu sagen, höflich, sich zu setzen; wenn es euch hiemit gelingt, so wird sein Schelten schon gelinder; weil die Gemächlichkeit des Sitzens eine Abspannung ist, welche mit den drohenden Gebärdungen und dem Schreien im Stehen sich nicht wohl vereinigen läßt. Die Leidenschaft hingegen (als zum Begehrungsvermögen gehörige Gemütsstimmung) läßt sich Zeit, und ist überlegend, so heftig sie auch sein mag, um ihren Zweck zu erreichen. -Der Affekt wirkt wie ein Wasser, was den Damm durchbricht; die Leidenschaft wie ein Strom, der sich in seinem Bette immer tiefer eingräbt. Der Affekt wirkt auf die Gesundheit wie ein Schlagfluß; die Leidenschaft wie eine Schwindsucht, oder Abzehrung. - Er ist wie ein Rausch, den man ausschläft, obgleich Kopfweh darauf folgt, die Leidenschaft aber wie eine Krankheit aus verschlucktem Gift oder Verkrüppelung anzusehen, die einen innern oder äußern Seelenarzt bedarf.; der doch mehrenteils keine radikale1, '.. sondern fast immer nur palliativ-heilende Mittel zu verschreiben weiß.

Wo viel Affekt ist, da ist gemeiniglich wenig Leidenschaft; wie bei den Franzosen, welche durch ihre Lebhaftigkeit veränderlich sind, in Vergleichung mit Italienern und Spaniern (auch Indiern und Chinesen), die in ihrem Groll über Rache brüten, oder in ihrer Liebe bis zum Wahnsinn beharrlich sind. - Affekten sind ehrlich und offen, Leidenschaften dagegen hinterlistig und versteckt. Die Chinesen werfen den Engländern vor, daß sie ungestüm und hitzig wären »wie die Tatarn«, diese aber jejnen, daß sie ausgemachte (aber gelassene) Betrüger sind, die sich durch diesen Vorwurf in ihrer Leidenschaft gar nicht irre machen lassen. - - Affekt ist wie ein Rausch, der sich ausschläft, Leidenschaft als ein Wahnsinn anzusehen, der über einer Vorstellung brütet, die sich immer tiefer einnistelt. - Wer liebt, kann dabei doch wohl noch sehend bleiben; der sich aber verliebt, wird gegen die Fehler des geliebten Gegenstandes unvermeidlich blind; wiewohl der letztere acht Tage nach der Hochzeit sein Gesicht wieder zu erlangen pflegt. -Wem der Affekt wie ein Raptus anzuwandeln pflegt, der ist, so gutartig jener auch sein mag, doch einem Gestörten ähnlich; weil es ihn aber schnell darauf reuet, so ist es nur ein Paroxysm, den man Unbesonnenheit betitelt. Mancher wünscht wohl sogar, daß er zürnen könne, und Sokra-tes war im Zweifel, ob es nicht auch manchmal4 gut wäre zu zürnen; aber den Affekt so in seiner Gewalt zu haben, daß man kaltblütig überlegen kann, ob man zürnen solle oder nicht, scheint etwas Widersprechendes zu sein. - Leidenschaft dagegen wünscht sich kein Mensch5. Denn wer will sich in Ketten legen lassen, wenn er frei sein kann?  - Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (zuerst 1798/1800 )

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Gefühle