erztin   Adieu, Mama, er reist nach Montpellier, um den Herzpolypen endlich auszukurieren.

Aber was für ein Glück, er braucht gar nicht bis Montpellier zu reisen, um den rechten Arzt zu finden. Schon in Moirans im Jura steigt sein Arzt aus einer Kutsche, und siehe da, der Arzt ist gar kein richtiger Arzt, es ist ja eine Frau, die da aus der Kutsche steigt. Es ist jene Dame, die weder schön noch jung; aber ebenso wenig häßlich und alt ist, nein, sie hat ganz ander Eigenschaften, und diese Eigenschaften sind die Vorzüge des Fleisches, das seine Qualitäten ja gar nicht unbedingt aus de Schönheit und der Jugend schöpfen muß. Ein reifes und trainiertes Fleisch und dazu die verschwenderische Gunst sind vo viel höherer Qualität als nur junge Schönheit oder schöne Jugend. Die Frau, die in Moirans aus der Kutsche steigt, ist sinnlich und wollüstig, und vor allem, sie kann Herzpolypen kurieren. - Ludwig Harig, Rousseau. Der Roman vom Ursprung der Natur im Kopf. München 1981 (zuerst 1978)

Ärztin (2)  Im Büro empfing Miss Amelia auch Kranke, denn sie spielte gern den Arzt und tat es oft. Zwei ganze Regale hatte sie mit Flaschen und allem möglichen Apothekerkram vollgestellt. Sie konnte eine Wunde mit einer ausgeglühten Nadel vernähen, ohne daß sich die Wunde verfärbte. Gegen Verbrennungen hatte sie einen kühlenden Sirup. Für Krankheiten, die nicht lokalisiert werden konnten, besaß sie eine Unzahl der verschiedensten Heilmittel, die sie alle nach geheimen Rezepten selber gebraut hatte. Sie förderten die Verdauung so gut, daß sie kleinen Kindern nicht gegeben werden konnten, weil sie üble Krämpfe hervorriefen. Für Kinder hatte sie einen anderen Trank, der mild und schön süß war. Ja, alles in allem galt sie als eine gute Arztin. Obwohl ihre Hände groß und knochig waren, besaß sie doch eine ›leichte Hand‹. Sie hatte das richtige Einfühlungsvermögen und wandte hunderterlei Heilmethoden an. Selbst vor der gefährlichsten und ungewöhnlichsten Behandlung schreckte sie nicht zurück, und keine Krankheit war so schrecklich, daß sie sich nicht an deren Heilung gewagt hätte. Hierbei gab es nur eine einzige Ausnahme: wenn Patientinnen mit einem Frauenleiden zu ihr kamen, konnte sie nichts dagegen tun. Schon bei der bloßen Erwähnung der Ausdrücke stieg ihr langsam eine dunkle Schamröte ins Gesicht.  - (bal)
 
 

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