dolf
Ich sagte ihm , dass es hier in der Nähe sowohl eine Adolfshöhe als auch eine
Adolfsallee gebe, es sich jedoch bei dem Namensgeber um einen anderen Adolf
handele, nämlich um den Kaiser Adolf. Kaum hatte ich das gesagt, wurde mir schlagartig
bewusst, dass es natürlich keinen Kaiser Adolf gegeben hatte, sondern ich den
Herzog Adolf von Nassau meinte. Ich wollte meine falsche Aussage korrigieren,
als der Mann auf ein gegenüberliegendes Café wies, in das er mich gerne einladen
wolle. Ohne meine Antwort abzuwarten, überquerte er die Straße, und ich folgte
ihm, mehr oder minder automatisch, um das Gespräch nicht einfach abzubrechen.
Der Mann schien meine Bemerkung über den Kaiser Adolf jedoch nicht weiter wahrgenommen
zu haben, denn kaum hatten wir uns an einen runden Tisch in Nähe der Garderobe
gesetzt, erzählte er, dass er das Haus des Adolf umzubauen gedenke, denn er
sei kein Nazi und sei selbst an dem Tag geboren, an dem der Adolf sich im Führerbunker
das Licht ausgeblasen habe, weshalb er sich auf eine gewisse Art und zwangsweise
mit dem Adolf verschwägert fühle, besonders weil auch er in ein Mädchen verliebt
gewesen sei, das den Namen Eva getragen habe, eine Liebe, aus der jedoch nichts
geworden sei, da er stattdessen die Brigitte Schönblatt, Tochter des Malermeisters
Schönblatt aus der Gaugasse, geheiratet habe, was ihm natürlich den Vorteil
einer festen und krisensicheren Stellung eingebracht habe, denn die Leute wollten
immer was an den Wänden haben, egal wie schlecht es ihnen auch sonst gehe, und
je schlimmer es draußen aussehe, desto schöner wollten es die Leute drinnen
haben, was verständlich sei, und genau dafür eben habe er die letzten 40 Jahre
gesorgt. Jetzt aber an seinem 65. Geburtstag, der gestern, am 20. April, mit
allem Pipapo im Ratskeller begangen hätte werden sollen, habe er seine Sachen
gepackt und sei ins Excelsior gezogen. »Ich hab allein sieben Enkelchen, wenn
auch keins meiner Kinder das Geschäft hat weiterführen wollen«, fügte er hinzu.
Aber wie er seine Frau kenne, habe die die Feier kaum sausen lassen, denn es
sei für gut 50 Personen bestellt gewesen, und er habe ihr auch genügend Geld
auf dem gemeinsamen Konto zurückgelassen, um die Rechnung begleichen zu können,
zudem habe sie das große Haus, das sie teilweise untervermieten könne, und noch
ein zweites Mietshaus, das sie noch von ihrem Vater geerbt habe, es treffe also
keine Arme. Er habe noch keinen genauen Überblick über alle Finanzen, aber anderthalb
Millionen bekomme er schon zusammen, und damit lasse sich etwas anfangen, auch
wenn so eine Villa wie die vom Adolf natürlich ihren Preis habe, das sei ihm
schon klar. Nur jetzt, wo er seine Arbeit nicht mehr habe, brauche er eben ein
neues Betätigungsfeld, und gerade in so einer maroden Villa fielen immer wieder
Reparaturarbeiten an, und im Grund könne er praktisch alles bis auf das Dach,
denn er sei nicht schwindelfrei, zumindest nicht ab einer gewissen Höhe, auf
Leitern sei er sein ganzes Leben gestanden. Während er weitersprach, tranken
wir beide je ein Kännchen Kaffee, und ich wunderte mich, dass der Mann mir keineswegs
unangenehm war. Ich ertappte mich sogar dabei, seine Aussagen zu rechtfertigen,
denn ich hatte ja auch Unsinn geredet mit dem Kaiser Adolf, und dass der Mann
Führers Geburtstag mit Führers Tod verwechselt hatte, war ihm nicht vorzuhalten.
»Sie sagen also«, hob der Mann nach einer kurzen Pause unvermutet und ohne dass
ich noch einmal auf meinen Lapsus zu sprechen hätte kommen können an, »dass
es sich um einen anderen Adolf handelt? Und weiß man etwas über diesen Adolf?
Hat sich der andere Adolf auf den ersten bezogen und deshalb denselben Namen
gewählt? Denn wenn es sich um einen Mann von Welt handelt, dann ist es mir im
Grunde egal, welche Villa ich zur Gedenkstätte mache. Das ist mir egal. Zu tun
gibt es überall etwas.« - (raf)
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