bwege
In Gedanken war ich immer nur woanders. Heute denke ich mir, meine Geistesabwesenheit
rührte daher, daß meine Schule aller Schulen, die Universität aller Universitäten
die Brauerei war und der Fluß und die Bäume und die endlosen Spaziergänge und
Streifzüge. Ich entsinne mich, daß meine Gedanken nicht nur in der Schule auf
Abwegen waren. Die feste Glocke der Unwissenheit umgab mich auf allen meinen
Wegen durch die Stadt und durch deren Gäßchen. Hielt mich jemand an, um mich
etwas zu fragen, dann errötete ich, war ich so verbiestert, daß ich wie in der
Schule nur närrisches Zeug von mir gab. Dazu kamen Fehlleistungen, besonders
wenn ich einem Mädchen von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Stets mußte
ich mich hüten, in den Bann der schonen Gesichtchen und der Locken und Schleifen
zu geraten, um nicht Gefahr zu laufen, in Ohnmacht zu fallen. Und meine Beziehung
zu den anderen Menschen ergab sich aus dem Empfinden, das ich bis heute habe,
die anderen seien in allem weiter und verstehen alles besser als ich. Ich hatte
und habe den Menschen gegenüber Komplexe, von diesen Minderwertigkeitsgefühlen
kurierte ich mich als Junge wie als junger Mann immer in den Gesindestuben der
Brauerei, auf den Tennen, in den Böttcherwerkstätten, wo ich den Mälzern und
Böttchern, wenn sie sprachen, immer so zuhörte, wie ich den Professoren in den
Klassen der Realschule hätte zuhören müssen.
- Bohumil Hrabal, Leben ohne Smoking. Frankfurt
am Main 1993 (BS 1124, zuerst 1986)
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