bstinenzler „Was sagen deine Psychologen über den Typ des Massenmörders? fragte Kollberg.
Melander blätterte in dem Kompendium, schlug eine Seite auf und las vor: „Er ist in der Regel jünger als dreißig Jahre, meist scheu unc zurückhaltend und wird von seiner Umgebung als wohlerzogen und ordentlich bezeichnet. Es ist möglich, daß er hin und wieder Alkohol trinkt, aber meistens ist er Abstinenzler. In den häufigsten Fällen isl er klein, hat ein körperliches Gebrechen oder einen anderen Fehler, der ihn von seiner Umwelt unterscheidet. In der Gesellschaft spielt er eine unbedeutende Rolle, er ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und hat eine Kindheit ohne emotionelle Höhepunkte verbracht. In vielen Fällen ist er das Kind geschiedener Eltern oder Waise und ist noch nie straffällig geworden."
Er fügte erklärend hinzu: „Dies ist einer Sammlung von Fakten entnommen, die bei Untersuchungen über die Person und den Geisteszustand amerikanischer Massenmörder gesammelt worden sind."
„So ein Massenmord muß doch offenbar von klein auf verrückt sein", meinte Gunvald Larsson. „Bloß warum merkt man das nicht, bevor er losrennt und eine Reihe von Menschen umlegt? "
„Ein Mensch, der Psychopath ist, wirkt völlig normal, bis irgendwas passiert,
das seine Andersartigkeit auslöst. Psychopathie bedeutet, daß ein oder mehrere
Charakterzüge des Betreffenden außergewöhnlich stark entwickelt sind, während
im übrigen seine Begabung, seine Auffassungsgabe, die plötzlich einen Massenmord begangen haben, aus heiterem
Himmel und offensichtlich ohne jedes Motiv, werden von ihren Angehörigen freundlich,
rücksichtsvoll und gutartig beschrieben und gelten als die letzten, denen man
solch eine Tat zugetraut hätte. jn vielen dieser amerikanischen Fällen haben
die Täter berichtet, daß sic sich ihrer Krankheit längere Zeit bewußt gewesen
seien und dagegen angekämpft hätten — bis es nicht mehr ging. Ein Massenmörder
Icann unter einem Verfolgungswahn oder an Größenwahn und krankhaften Schuldkomplexen
leiden. Es ist nicht außergewöhnlich, daß er seine Tat damit begründet, daß
er berühmt werden und Schlagzeilen machen wollte. Fast immer stecken Geltungssucht
und Rachgier dahinter. Er fühlt sich unterbewertet, mißverstanden und schlecht
behandelt. In den überwiegendsten Fällen hat er mit schweren sexuellen Problemen
zu kämpfen." - Sjöwall / Wahlöö, Endstation für neun. Reinbek
bei Hamburg 1980
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