bgeholtwerden warum starrt die alte so böse herüber, fragte goldenberg.
vielleicht belästigt sie unser haarwuchs. schau, sie zeigt mit dem finger, quiekte mirjam fröhlich.
falsch, klärte braunschweiger die lage, hinter ihr steht der sensenknabe und legt ihr die knochenfinger um den runzelhals, sie aber schlägt dich vor, goldenberg, ja sie zeigt auf dich, er will dich aber noch nicht, und hält sich an sie, das nützt ihr garnichts.
da lachen alle fröhlich, die alte dame wird von
einem ambulanzwagen weggebracht, mirjam schleicht sich hinüber und trinkt den
rest pernod. - Konrad Bayer, der sechste sinn. Roman. Reinbek bei Hamburg 1969
Abgeholtwerden (2) Sie geraten in immer größere Erregung, sie schleudern große Fetzen Fleisch, das in seiner eitrigen Verwesung grünlich schimmert und wild phosphoresziert, um sich, sie holen mich. Sie holen mich, sie heben mich auf, ich spüre ihre knochigen Finger, von denen Haut und Fleisch schon abgenagt und abgefault sind, tief in mein fauliges Fleisch dringen. Sie legen mich in die Mitte des Kreises, den sie vor der Kapelle unter dem Jesusbild bilden und sehen mich an, mit geilen Blicken. Sie schließen den Kreis, sie verengen den Kreis immer mehr, ich kann ihren gierigen Atem schon spüren. Sie werden mich alle, alle besitzen, sie werden mich alle, alle lieben und befriedigen und satt machen, bis nur noch mein unstillbarer Hunger von mir übrig ist.
Sie nehmen mich, erst einer, dann viele. Sie berühren wild alle Öffnungen
meines Körpers, die für die Liebe bestimmt sind. Ich liebe sie, drei oder vier
auf einmal, sie wechseln sich ab in der Liebe. - Peter O. Chotjewitz,
Der Ghoul von der Via del'Oca. In: (
schrec
)
Abgeholtwerden (3)
- N. N.
Abgeholtwerden (4)
Abgeholtwerden (5) Eines Tages begab es sich, daß ich mir über mich selber Rechenschaft ablegen wollte: eine neue Idee hatte sich meines ganzes Wesens bemächtigt, und da ich sie sehr schön fand, wollte ich ihr angehören und ich zitterte bei der kleinsten Bewegung, sie könne mir entfallen; ich vergaß also alles, was mich umgab, und ich vergrub mich gewissermaßen in mich selber.
Zu diesem Zeitpunkt kam ich in die Hände von als befreundet angenommenen Personen, die damals unfähig waren, auch nur das geringste über meinen Zustand zu verstehen; ich stieg friedlich in den Fiaker, der vor der Tür auf der Straße wartete, und zwei junge Männer setzten sich hinein, der eine zu meiner Linken, der andere auf dem gegenüberliegenden Sitz, und der Fiaker begann langsam dahinzu-fahren . . .
Der Geist hatte sich meiner bemächtigt, und die Adern meines Halses zusammenziehend, drückte er meinem Kopf und meinem Gedanken die Richtung auf, der ich folgen sollte. Allmählich streckte ich mich in dem Fiaker aus und ich machte mich steif und ich zwang mit einer richtig und ordnungsgemäß verpaßten Ohrfeige den letzten meiner Wärter, ihn zu verlassen, als er mich mit aller Kraft herausziehen wollte . . .
Meine Phantasie war von der Idee besessen, daß man mich auf den Friedhof bringe; ich hatte das Gefühl, daß man mir die Seite geöffnet habe und daß mein ganzes Blut die Erde begoß, über die wir gingen; aber eine geheimnisvolle Stimme, die mir ins rechte Ohr sprach, sagte ganz klar und sanft zu mir: Sag nichts, laß dich führen.
... es schien mir, als trete ich in einen dieser furchtbar geheimnisvollen Schlupfwinkel ein, wo frevelhafte, gottlose Menschen auf Kosten der anderen Menschen abscheuliche Pakte miteinander schlössen.
Tatsächlich packten mich zwei dieser Männer, und da ich mich ihnen überlassen
hatte, trugen sie mich durch enge Flure; Türen gingen mit lautem Geräusch von
Angeln, Schlüsseln und Riegeln auf und zu, und alle die hastigen und krampfhaften
Bewegungen dieser Männer vermittelten mir, zusammen mit ihren brennenden, von
den Anstrengungen, die sie machten, erregten Seufzern, das Gefühl eines Höllengefängnisses.
- Geschichte eines Irren, der sich zweimal trotz Ärzten und ein
drittes Mal ohne sie geheilt hat. Paris 1837, nach
(lim)
Abgeholtwerden (6)
Abgeholtwerden (7)
Meiner Meinung nach sind alle Internierungen willkürlich. Sie haben
Sade eingesperrt, sie haben Nietzsche eingesperrt; sie haben Baudelaire
eingesperrt. Der Vorgang, der darin besteht, einen bei Nacht zu überraschen,
die Zwangsjacke überzuziehen oder über einen
auf irgendeine andere Art Herr zu werden, ist der Polizeimethode ebenbürtig,
einem einen Revolver in die Tasche gleiten zu lassen. Ich weiß, wenn ich wahnsinnig
wäre, benützte ich nach ein paar Tagen Internierung ein Nachlassen meines Deliriums
dazu, kaltblütig irgendeinen, der mir unter die Hände käme, vorzugsweise den
Arzt, umzubringen. Ich würde dabei wenigstens, wie die Tobsüchtigen,
den Vorteil einer Einzelzelle erlangen. Vielleicht ließe man mich in Ruhe. - (nad)
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