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Es sei also der Islam, der heute das Zepter übernommen habe. Wegen des schändlichen
Gehabes, der Scheinheiligkeit und der Heuchelei der Progressisten sei die katholische
Kirche nicht mehr in der Lage, sich dem Sittenverfall entgegenzustellen. Die
Homo-Ehe, der Schwangerschaftsabbruch oder die Frauenarbeit seien unmissverständlich
und entschieden abzulehnen. Man dürfe nicht länger die Augen vor der unumstößlichen
Tatsache verschließen: Nachdem es einen solchen Grad der ab scheuer regenden
Verwesung erreicht habe, sei das abendländische Europa nicht mehr fähig, sich
selbst zu retten -ebenso wenig, wie es das antike Rom im 5. Jahrhundert unserer
Zeitrechnung vermocht habe. Der massive Zustrom von Einwanderern mit einem traditionellen
kulturellen Hintergrund, der noch geprägt sei von natürlichen Hierarchien, der
Unterwerfung der Frau sowie dem Respekt vor den Alten, sei eine historische
Chance für die moralische und familiäre Wiederaufrüstung Europas, sie werde
dem alten Kontinent die Aussicht auf ein neues goldenes Zeitalter eröffnen.
Diese Einwanderer seien zwar manchmal Christen; zum größten Teil aber seien
es, das gelte es zur Kenntnis zu nehmen, Moslems. Er, Rediger, sei der Erste,
der anerkennen würde, dass das christliche Mittelalter eine große Kultur gewesen
sei, deren künstlerische Leistungen im Gedächtnis der Menschen ewig lebendig
blieben; doch diese Kultur habe nach und nach an Boden verloren, habe Kompromisse
mit dem Rationalismus eingehen und darauf verzichten müssen, sich die irdische Macht
zu unterwerfen; auf diese Weise sei sie allmählich zugrunde gegangen.
Und warum all das? Das bleibe im Grunde genommen ein Geheimnis. Gott habe es
so entschieden.
- Michel Houellebecq, Die Unterwerfung. Köln 2015
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