priori
Daß Leute edlerer Art und höherer Begabung so oft, zumal in
der Jugend, auffallenden Mangel an Menschenkenntniß und Weltklugheit verrathen,
daher leicht betrogen oder sonst irre geführt werden, während die niedrigen
Naturen sich viel schneller und besser in die Welt zu finden wissen, liegt daran,
daß man, beim Mangel der Erfahrung, a priori
zu urtheilen hat, und daß überhaupt keine Erfahrung es dem a priori gleichthut.
Dies a priori nämlich giebt Denen vom gewöhnlichen Schlage das eigene
Selbst an die Hand, den Edelen und Vorzüglichen
aber nicht: denn eben als solche sind sie von den Andern weit verschieden. Indem
sie daher deren Denken und Thun nach dem ihrigen berechnen, trifft die Rechnung
nicht zu.
Wenn nun aber auch ein Solcher a posteriori, also aus fremder Belehrung
und eigener Erfahrung, endlich gelernt hat, was von den Menschen, im Ganzen
genommen, zu erwarten steht, daß nämlich etwan 5/6 derselben, in moralischer,
oder intellektueller Hinsicht, so beschaffen sind, daß, wer nicht durch die
Umstände in Verbindung mit ihnen gesetzt ist besser thut, sie vorweg zu meiden
und, so weit es angeht, außer allem Kontakt mit ihnen zu bleiben; - so wird
er dennoch von ihrer Kleinlichkeit und Erbärmlichkeit kaum jemals einen ausreichenden
Begriff erlangen, sondern immerfort, so lange er lebt, denselben noch zu erweitern
und zu vervollständigen haben. - Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit
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